Heidelberg:
Es war erreicht in 3 und einer halben Stunde.
Ich hatte zwei Hackepeterbrötchen geschmiert und etwas Orangenlimonade kalt gestellt.
Ich wollte doch abnehmen! Unterwegs kam es mir etwas wenig vor.
In St. Leon, wohin ich am Nordausgang der Schelmeneckallee geriet, machte mich ein junger irisch aussehender Mann an: blonde lange Haare, Koteletten, ländlich, unrasiert.
Er machte sich über mich her, er hätte eine Krankenschwester gesehen, die an seiner Person vorbei von Heidelberg nach Karlsruhe geradelt sei.
Ich frage dich: Sehe ich aus wie eine Krankenschwester?
Nun, ich hatte ein weißes Kittelchen an und auch Sandalen.
Sehe dich vor als alleinreisende Frau!
Ich wollte mich nun verabschieden, doch der irische Leoner warf ein, er sei Radprofi und wüßte bescheid! Er saß in der Tat im Sattel und zog noch einen Hänger mit allerlei dörflichem Unrat hinterher.
Also befragte er mich, ob ich über Schwetzingen führe, das sei geil, er hätte eine Dauerkarte für die Kurfürstlichen Anlagen.
Ich aber führe über Sandhausen, warf ich dagegen, was ihn nicht abhielt, mir die 300 Kilometer Rhein ab Köln zu empfehlen, natürlich auch an der Mosel.
Ich mußte weiter.
Ich sagte Ade, und dachte mir, der ist im Bett bestimmt auch so anstrengend.
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Natürlich fuhr ich nach den Empfehlungen meines Verehrers grottenfalsch durch St. Leon.
Da sah ich einen Minimal-Markt.
Nichts wie eingekehrt, sagte ich mir, und führte mir die dargebotenen Schokoladenvariationen zu Gemüte, während die Leoner (ein Wort, das gefällt) ihre Wagner-Pizza und ihren Rotwein für das Wochenende kommissionierten.
6 Snickers oder 4 Nuts und 4 Knoppers? Ich entschied mich für 3 Nuts und 8 Knoppers, denn ich wollte nur abnehmen, nicht etwa darben!
Nun ging es in froher Fahrt nach Heidelberg.
Neckarwiesen!
Junge Menschen aller Klassen, die sich von geistigen Gütern noch beeinflussen lassen.
Ich warf meinen Krankenkittel von mir und aß mein zweites Hackepeterbrötchen mit Zwiebeln.
Tretboote fuhren vorüber und natürlich auch die Polizei in ihrem Polizeischiff.
Überall lagen Mädchen herum und tranken Bier aus Dosen, auch falsche.
So ist eben nur Heidelberg.
Doch der Himmel sandte bald Regen und alles löste sich auf.
Das war das Zeichen und ich brach zur Rückkehr auf, für welche ich abermals 3 Stunden brauchte.
Ich beschloß, bald wieder eine schöne Radreise zu unternehmen.
Zunächst aber hatte ich taube Finger und das Kettler Garant mußte dringend nachgeschraubt und auch saubergewaschen werden.
© Rainer Jehl
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