Kilometertabelle:
Rocceletta (Catanzaro Lido) - Catanzaro - Pentone - Sant'Elia (Catanzaro) 51 km
(Eine chaotische Fahrtrichtungsangabe, ich weiss. Ein Regentag mit hartnäckiger Reifenpanne (1 von 2 innert 4880 km) und Nächtigungsproblemen.
Sant'Elia (Catanzaro) - Pentone - Lago Arvo / Lorica (per Schnellstraße) 72 km
Teil der Fahrtstrecke in nächstem Abschnitt enthalten (Lago Arvo und Abfahrt aus der Sila)
Nachdem nun genug geübt ist ohne Gepäck, soll es mit dem ganzen Hausstand über die Berge ans gegenüberliegende Tyrrhenische Meer gehen.
Zunächst Catanzaro (343 m):
Es ist von der Küste aus nicht sehr schön mit dem Rad anzufahren. Entweder man hangelt sich durch das enge Fiumarella-Tal, wobei man aber unweigerlich im oberen Bereich auf ungenießbare Stadttangenten geführt wird.
Oder man probierts wie ich über die südlichere Anfahrt über den Vorort Germaneto.
Den muß man auf einer Zubringerstraße zur Autostrada ansteuern, die insbesondere im unteren Bereich bei Lido di Catanzaro sehr sehr heftig ist. Man erreicht sie auch nur über einen riesigen Verkehrskreisel, den man nicht fahren kann, sondern über einen Fußgänger-Notsteig Ast für Ast umrunden muß.
Die Straße befindet sich im weiteren Ausbau, ruhiger wirds hier nicht mehr.
Hat man den Abzweig nach Germaneto gefunden, geht es aber ganz kommod ohne bedrängenden Verkehr über einen kleinen Pass an die Stadtauffahrt von Süden, sie ist belebt bis chaotisch, aber langsam und frei von Transitverkehr. Es ist noch ein fühlbares Stück zu steigen, bis ihr am Hauerchen rauskommt, das den Corso Mazzini eröffnet.
Catanzaro ist eine herb-arrogante Stadt, die heraushängen läßt, daß sie seit der Nachkriegszeit Reggio di Calabria einen Gutteil der Regionalhauptstadts-Funktionen abgenommen hat, was sonst kaum einer weiß.
Es geht überall hektisch zu, viel Uniformierte und Angezogene springen von links nach rechts. Dazwischen Touristen.
Während die Regierungs- und Kommerzgebäude blitzblank gewienert sind, gibt es dazwischen jede Menge liebenswerter süditalienischer Ruinen.
Die Straßenkunst besteht aus vielen scheußlichen Flicken und stellenweise Großpflaster (Freude jeden Gepäckradlers).
In der Stadt ist so ziemlich alles verfügbar, was es draußen im Land nicht gibt. Nicht immer findet man es gleich.
Eine Kunst ist es auch, wieder aus der Stadt herauszukommen, die von wunderlichem Schnellstraßenflechtwerk umwoben ist, auf das jeder Weg zu führen scheint. Richtungswegweiser sucht man wie so oft vergebens, steht einer, ist er mit fachfremden Anschlägen tapeziert.
Irgendwie schaffte ich es nach Pontegrande im Norden, die Brücke in die Sila. Nicht allerdings ohne den ersten Schlauch ruiniert zu haben im Ozean der Scherben, die bei Regen so gut vom Pneu aufgenommen werden.
Nach weiteren Reifenmißgeschicken erreichte ich spät den im Gebirge gelegenen Vorort Sant'Elia (600 m), wo noch Proviant für die Fahrt in die Einsamkeit der Wälder gebunkert werden konnte.
Die Greislerin erklärte mich für durchgeknallt, als ich ihr im Verhör verriet, wohin die Fahrt gehen sollte. Lori(ii)ca, da kann man doch im Mai nicht hinfahren. Ich versuchte jedenfalls noch ein Dorf weiter zu kommen, aber in Pentone, wohin ich es dann schaffte bis zur Dämmerung, musste ich erfahren, daß keinerlei Herberge mich aufnehmen könne. Das Steilterrain in den Bergen wies auch nirgendwo einen Platz für mein Zelt auf, obwohl es in der Höhe wenig abgezäunt ist.
Ich ließ mich überreden, wieder abzufahren nach Sant'Elia, wo es im unteren Teil, tief, tief, tief im unteren Teil unter der Straße SS 109bis gelegen, ein Agriturismo gibt, das immerhin sehr gastfreundlich ist und hervorragend ausgestattet. Eine doch noch erfreuliche Übernachtung.
Andererseits entdeckte ich dann am nächsten Tag oberhalb von Pentone an der SP26 Richtung 'Sila' / 'Villagi' auf etwa 900 m ein weiteres Agriturismo, das dem dort Steckengebliebenen nicht so viel Höhe kostet. Das Wieder-Anstemmen auf die Sila-Straße (25% mind.) und der anschließende Neuaufstieg waren herb.
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Eigentlich, und das empfehle ich, wollte ich dem Verlauf der alten Straße nach Taverna folgen, um auf der SS 179 weiter zu den Laghi zu fahren, doch gesellige Einwohner luden mich in ihr Dorf und überredeten mich, wenn ich schon die große Dummheit machen wolte, im Mai in der Sila zu radeln, wo dort doch alles zu hat und kein Mensch da ist, solle ich doch die gute Straße nehmen, die sie und ihren Freunde wüssten und auch beradeln im Sommerrausch.
Die Gute!
Man sollte dazu wissen, daß die Eingeborenen die alten Kringelstraßen verabscheuen und sich vor Fremden zutiefst dafür schämen. Süditaliener finden es viel cooler auf geraden Schneisen voll auszudrehen und in wenigen Minuten am Ziel zu sein.
Die dargebotenene Schnellstraße, deren Benutzung noch persönlich überwacht wurde, damit der unselige Gebirgsradfahrer nicht planlos umherirre, ist eine der furchtbarsten Betonschneisen, die ich in Italien befuhr, dabei gibt es deren mehrere. Über gut 20 Kilometer läuft die Fahrbahn in einer Vollbetonwanne, deren Krone noch zusätzlich massiv von Stahl beschlagen ist und die nicht eben zahlreichen Sila-Besucher im Mai drehten es voll aus auf der zugigen aussichtslosen Piste (eine Ducati läuft locker 190 beim Lärm einer persischen Transkontinentalrakete). Kaum gibt es eine vernünftige Möglichkeit zum Anhalten außer der Betonrinne neben der Hangmauer, denn die SP 26 verläuft absolut kreuzungsfrei (ein Abzweig nach Taverna), aber immer bergauf.
Kurz, ihr solltet diese scheußliche Hohlkehle, die euch mit der Aufschrift 'Sila' vom rechten Weg bringen will, unbedingt meiden und brav nach der schönen Stadt Taverna radeln. Jedenfalls nahm ich mir vor, mich nun nicht mehr von den Gestalten am Rande der Straße beraten zu lassen. Es gelang mir nicht.
Hat man durch dichte Nadelwälder mal die Höhe des 'Altopiano della Sila' (über 1300) erklommen, ist es schon recht kühl und unitalienisch im Mai. Oben fliegen euch dann auch noch die Wolken ins Gesicht, die vom Strand aus immer so appetitlich aussehen, wenn sie ins Landesinnere ziehen.
Also zieht euch warm an für die Sila - ein feuchtes und kaltes Unterfangen.
Das einsame Altipiano wirkt etwas wie Schwarzwald-Hochtäler. Gegen den dauernden Regen habe ich lustige Schutzhäuschen aus Plastik extra für die wenigen Wandertouristen im Juli und August gesehen.
Die Straßen oben sind sehr gut in Schuß und kaum befahren.
Man steigt auf ca. 1400 m (mehrmals) und fährt dann wenig ab zum Arvo-Stausee. Als ich abends gut gekühlt eintraf, waren alle Prophezeiungen meiner Einflüsterer wahr geworden: Es regnete und in Lorica, einem reinen Touristendorf mit wieder tausenden Betten war fast alles geschlossen, außer dem etwas außerhalb, östlich, gelegenen größeren Zeltplatz (es gibt 2, einer hat wohl die meiste Zeit des Jahres geöffnet). Mir war aber jede Lust auf Zelten vergangen und so fand ich noch ein Hotelbett in einem Etablissement, das schon Monate im Ruhezustand lief.
Ich beschloss, wärmebedürftig, die geplante weitere Gebirgsfahrt sofort abzubrechen, und auf schnellstem Weg zur Küste abzufahren. Auch eine Besteigung des Hochpunktes Monte Botte Donato (1928 m), möglich auf der Straße bis zum Gipfel, kam wettershalber nicht mehr in Betracht.
Vom Lago Arvo aus verläuft die SS 178 steil nach Cosenza herunter. Man muss zunächst nochmal auf 1400 m klettern. Dann Spaß.
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