Kilometertabelle:
Lorica (Lago Arvo) - Aprigliano - Cosenza - San Fili - Passo Crocetta - Paola 94 km
Teil der Beschreibung in vorigem Abschnitt enthalten (Lorica - Abfahrt aus der Sila).
Zunächst wird Cosenza (238 m) auf der Hauptstraße von Süd nach Nord durchquert, zeitschonend ohne allzuviel Mauernkult. Die Küste ruft, zuvor möchte jedoch noch ein steiler Pass erstiegen werden.
Cosenza Vecchia entwickelt sich neben der Straße am Fiume Crati am Hang des Burgbergs mit dem 'Schwabenschloß'. Als ob Kalabrien nicht schon genügend überschwabt wäre.
Die Hauptstraße teilt sich auf in reissende Verkehrskanäle durch engste Gassen.
Die Neustadt im Flachen umfuhr ich auf einer Tangente längs des Flusses. Über Vororte musste ich Richtung Rende doch noch einmal ein Stück in die von archaischen Verkehrsstrudeln durchflutete Stadt zurück.
Die Stadtausfahrt auf die Superstrada zum Meer (SS 107) führt an der Universität / Autobahnabfahrt Cosenza Nord vorbei. Es ist nichts für die Genußradler. Sie möchten bei der Innenstadtbesichtigung verweilen.
Nachdem ich eruiert hatte, daß kein Weg an der Benutzung der SS 107 (Rad frei) vorbei führt, gab ich mir diese gnadenlose Straße bis zur Abfahrt San Fili. Immerhin wird eine volle Kombispur offeriert.
Nur mit ausgezeichneten Ortskenntnissen (topografische Karte), viel Zeit und Bergfleiß läßt sich eine südliche Umfahrung der SS 107 von Cosenza aus gestalten bis San Fili.
Dort zweigt die alte verkehrlose Passstraße ab.
Die Schnellstraße eignet sich wegen ihrer ausufernden, kilometerlangen Tunnel, abwechselnd mit Hochviadukten, die die bekannt schlechten Plattenstöße aufweisen, keinesfalls für eine Radreise. Man kann auch entlang der Straße so gut wie nur auf dem Randstreifen halten, wenn es einen gibt.
Dennoch wurde ich von der mitfühlenden Bevölkerung auf die Tunnels verwiesen.
Keiner kann sich mehr vorstellen, einfach über den Berg zu fahren - schon gar nicht mit dem Radel.
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Zuvor ist das unverbildete San Fili (566 m) einen Blick wert, auch kann man sich verproviantieren mit einem Getränk, bevor es weiter in die Höhe geht.
Einwohner, die mich bei der Einfahrt bestaunten (ich glaube doch, daß die sportlichen Massen den Tunnel nehmen - man tat, als wäre dort seit Jahrzehnten kein Radfahrer mehr eingelaufen), reklamierten bei mir das Betragen der Alten, die beim Durchmarsch an die Küste mit Schwer-LKW in der Altstadt hängengeblieben waren. Eine Selbstfahrlafette hätte daraufhin einen Balkon weggeschossen, angeblich, weil es eilig gewesen sei. "Dieser, sehen Sie?". Dieser Balkon war wieder dran, aber ersichtlich aus den 50er Jahren. Wahrscheinlich wurde die Engstelle vorsichtshalber noch ein paar Jahre offengehalten. "Sie haben es noch nicht einmal bezahlt", bekam ich zu hören. Als ob ich nun einen 1000-Mark-Schein aus der Tasche ziehen sollte. Wohin ich überhaupt wolle? Nach Paola. Da müsse ich durch den Tunnel. Ne, ne, ich bin doch Deutscher, ich fahr oben drüber. Aber wegen mir kann alles dran bleiben im Dorf. Na dann müsse ich aber unbedingt die großen Bunker auf der anderen Seite angucken, wo die Wehrmacht auf die Amis gewartet hat (umsonst leider, deshalb steht da noch alles). Auf den großen Bunkern, die ich erst anderntags erreichte, nicht ohne eigens nochmal darauf hingewiesen zu sein, winkten dann fröhliche Waldarbeiter dem durchfliegenden Tedesco, den alle sofort an seinen 7 Sachen erkennen. Wenn schon mal einer den Berg runter kommt.
Naja, die Schwaben sind in vielfältiger Erinnerung. Beherzigt es und lernt die Stellungen und die Reiche.
Leider ist die Ersteigung des Passo Crocetta (979 m) in San Fili, das schon mal Schweiß gekostet hat, erst im Anfangsstadium. Dagegen neigte sich mein Tag bereits bedenklich dem Ende entgegen.
Mit heftigem Antritt war ich nach knapp anderthalb Stunden oben. Der Weg ist zunächst sehr steil, in einem Hochtal kann man auch mal kurz schnaufen. Im Wald stehen Pferde (oder Maultiere?) zur Weide, die sich erschrecken, wenn überhaupt mal jemand auf der Straße fährt. Sie ist ganz gut in Schuß.
Der Übergang besitzt immerhin (in der Sila war das nicht so) allerhand heilige Möblierung und sogar ein Quell (oder deren mehrere?), so daß keiner, der in der Mittagspause durch San Fili fuhr, vertrocknet an die Küste herunterfahren muß. Oder anders gesagt: Macht euch leicht und zieht nicht einen Kasten Wasser hier herauf.
Die Abfahrt vom bereits von Wolken gefressenen Küstenkamm (wohl das Übliche) gestaltet sich rasant: in zahlreichen Schlangenlinien stürzt die Straße über der Strandgewinnungsanlage von San Lucido die 1000 Meter zum Meer runter - die Aussicht ist dabei äußerst gefällig. Erst in einer Höhe von etwa 300 Metern über dem Meer trifft man wieder die Superstrada, die sich die wenigen Meter bis Paola aber ganz manierlich fahren läßt.
So weit kam ich allerdings nicht mehr. Wegen der hereinbrechenden Dunkelheit steuerte ich ein sehr sehr hübsches B&B an der Passstraße an, das um ein kommodes Geld liebenswerte und persönliche Aufnahme bot.
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