Kilometertabelle:
Lamezia Terme - Pizzo - Tropea- Nicotera 121 km
Nicotera - Rosarno - Palmi - Villa San Giovanni - Messina / Torre Faro 102 km
Die Weglängen beziehen sich auf die tatsächlich gefahrene Strecke nach Tachometer, mit allen Nebenwegen.
Sie stellen daher nicht die kürzestmögliche Verbindung dar.
Anfahrt nach Italia
Eine komplett muskelgetriebene Reise an den Südpol Europas und retour musste schon wegen des Zeitbedarfs verworfen werden.
Die Idee, man fährt gemächliche 4 Wochen aus der Mitte Deutschlands hin und 4 zurück, scheitert spätestens bei der ersten genaueren Streckenkalkulation.
Selbst mit dem Rennrad ohne nennenswertes Gepäck gerät der Italien-Ganztrip ab etwa Frankfurt in 4 Wochen zur Hetze mit täglichen 150-km-Etappen und stets mit Blick auf noch schnellere Schnellstraßenverbindungen. Nein!
Die Kosten bemessen sich ebenfalls nach der Reisedauer und so kam für mich am Ende wie für die Meisten dann doch nur die einfache Strecke in frage, für die ich von Baden-Baden (Süddeutschland) durch verschiedene prominente Gebirgszüge zur Westspitze Siziliens inkl, Inseltour zunächst 6 Wochen veranschlagte.
Da der günstige Termin im Frühjahr lag, mussten für eine Tour von Deutschland nach Italien die Alpen durchtunnelt werden, etwa von Basel nach Bellinzona - vernünftig befahrbar sind sie nämlich im April nicht. Ich entschloss mich aber dann, die Strecke umzukehren, um bei meiner Rückkehr im Juni sonnigen und aussichtsreichen Alpenspaß zu haben - auch eine Fehlkalkulation übrigens.
So entschied ich mich für einen Fahrrad-Flug - etwas, was ich eigentlich nicht befürworte, allerdings als Mittel zum Zweck einer umfassenden Italien-Befahrung gerade noch einmal durchgehen lassen wollte.
Meine 2. Vorkalkulation betrug nun 7 Wochen Rückfahrdauer inkl. angemessener Würdigung der interessanten Plätze und 2, 3
Strandtagen.
Das Flugzeug ging sehr bequem vom Air-Hub Baden-Baden; das ich mit dem Rad erreiche, direkt nach Lamezia Terme, einem Kleinstadtgebilde in der Nähe von Catanzaro in Calabria. Wir starten von dort nach Sicilia und danach geht es in Etappen retour nach Deutschland.
Die beteiligten Flugplätze sind klein und liebenswert, daher verliefen Lufttransport und Ankommen beschaulich.
Leider hatten die örtlichen Freiluft-Etablissements in Lamezia Terme noch Saison-Schließung. So wurde am ersten Abend - ein Spätflug - gleich eine Hotelübernachtung im am Flugplatz gelegenen Sant'Eufemia fällig, verkehrgünstig, jedoch abgerissen und teuer. Das Kaff bietet außer ein paar Bars nichts. Das Zentrum von Lamezia Terme in Nicastro soll deutlich lohnenswerter sein. Da war ich jedoch nicht.
Nach Süden
Weil das Rad schwer lädiert in die Gepäckhalle geschleift wurde, nahm ich am ersten Tag erstmal diverse Reparatur-Bestecke zur Hand und restaurierte die herabhängenden Teile. Nachdem Licht und Schaltung wieder gerichtet waren, wurde zunächst eine Probefahrt zum Strand durchgeführt
Der Strand von Lamezia Terme liegt am Flughafen und ist mit unerfreulichen sowie leicht abgewirtschafteten sogenannten Komplexen zugebaut. Immerhin sind die Komplexe oftmals hinter Bäumen verborgen. Dahinter Landwirtschaft. Aus den Komplexen ertönen die Rufe der Bluthunde, eine Szene, die uns während der gesamten Italienbefahrung begleiten wird.
Doch egal, das Radel läuft wieder, wir laden es auf und es geht zunächst auf Fahrwegen und Nebenstraßen, bald aber auf der Küstenstraße Tirrena Inferiore SS18 der Südspitze Italiens entgegen.
Die SS18 ist eine wenig gemütliche Schnellstraße, 2- bis 4-spurig mit kreuzungsfreien Anschlußstellen. Die parallel laufende Küstenautobahn nimmt allerdings den übelsten Verkehr auf.
Bei der Autobahnanschlußstelle 'Pizzo' kann die SS18 verlassen werden und auf einer Nebenstrecke am Meer wird es gleich viel besser.
Pizzo ist die erste hübsche Küstenstadt, die wir auf diesem Kurs queren. Ich empfehle Pizzo als Übernachtungsort, wenn ihr nach Ankunft in Lamezia Terme eine Hotelübernachtung sucht und ab Flughafen noch etwa 1,5 Stunden bei Tageslicht fahren könnt. Man spart sich das Desaster in Sant'Eufemia. Zelten kann man dort allerdings besser - ab Ende Mai, vorher sind die Plätze dicht.
Die Nebenstrecke folgt nun dem Küstenverlauf zum Capo Vaticano, während die verkehrsreiche SS18 und die Autostrada geradeaus durchs Landesinnere abkürzen. Ich empfehle euch die SS18 nicht, es sei denn, ihr glaubt daran, mit Zelt in einem Tag von Lamezia Terme aus Messina erreichen zu können. Ich glaubte es bald nicht mehr. Die Kilometerzahl beträgt schreckliche über 200 am Wasser entlang - über Berge! Die Schnellstraßenverbindung könnte bei etwa 170 km liegen - das wäre zu schaffen - ohne Zelt.
Die Küste rund um Tropea ist gemäßigt bergig, touristisch und aufgeräumt - man findet daher zahlreiche frühpensionierte Germanen auf Gassen und Landstraßen.
Bei Ricado über dem Straßenende am Capo Vaticano geht es in die Berge. Auch wenn 'nur' 300 oder 400 Meter angeschrieben sind - es ist ein saftiger Einstieg in die kommenden Aufgaben, und Anfang Mai herrschen in Süditalien durchaus schon für deutsche Verhältnisse sommerliche Temperaturen.
Nach bestandener Bergprüfung (mit ca. 55kg Fahrzeuggewicht) erreichen wir bei Nicotera den Küstenabschnitt, der uns bis zum Stretto di Messina führen wird.
Obgleich angesichts der Tageszeit geboten, will eine Übernachtung in Nicotera Marina nicht gelingen, da der komplette Ort Anfang Mai bis auf ein paar Bars geschlossen ist.
Nur durch Zufall fand ich auf dem Weg nach Rosarno Zuflucht in einem recht schicken Golfclub, der auch Übernachtungszimmer bewirbt. Der komplett unbelegte Club bot ein kommodes, ruhiges Nachtlager mit allem - war begeistert.
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Über hübsche verkehrsarme Nebenwege erreichte ich die Gewerbestadt Rosarno.
Kennzeichnend für die Großlandwirtschaft in der Umgebung und den Umschlag der Erzeugnisse sind Kohorten von Schwarzen, die schon im Umkreis der Stadt wie auch an der Tirrena Inferiore (SS18), die wir hier wieder erreichen, an der Straße stehen und sich feilbieten. Ganz Rosarno voller Neger! Alleinreisenden Frauen, die sich nicht immer ganz ihrer Verteidigungsbereitschaft sicher sind, rate ich daher von der Durchreise durch diese Stadt ab, um Angstmomente zu vermeiden.
Meine Angstmomente beschränkten sich auf meinen jämmerlichen Besitz und die erheblichen Mengen Bargeld, die ich zum Bestreiten meiner Reisekosten mitführte.
Ich wagte erst, zu halten, als eine Bar in hinreichender Entfernung zur nächsten Schwarzen-Agglomeration lag.
Meine mitgeführten Güter sind arm, aber ein hungriger Afrikaner sieht in mir einen kompletten Jahreslohn an sich vorüberziehen.
Das Radel wurde eng an die Bar-Eintrittsöffnung verstaut und von den nötigsten Wertgegenständen abgeladen.
Was ist eine Bar?
Eine Bar ist eine Art italienisches Frühstückskaffee, in dem man in wenigen Sekunden einen Schwarzen oder einen Capuccino zu sich nimmt, dazu ein Nutella-Hörnchen, welches Cornetto genannt wird.
Das Ganze lautet dann Frühstück und kann mehrmals am Tag wiederholt werden.
Zur langen Mittagspause trifft sich das komplette Dorf in und vor der Bar und nach Feierabend wieder.
Die Bar ist außerdem durchgehend geöffnete Wassertankstation für den Velopiloten, bietet Schokolade und Chips in 60-Gramm-Packungen und ist in vielerlei Hinsicht noch hilfreich. Die Bar übernimmt damit dem Radfahrer die Funktion der deutschen Tankstelle und befreit ihn so von der Zwangssymbiose mit dem Autoverkehr, da die geöffneten Bars in übersichtlicher Entfernung und Erreichbarkeit der Innenbezirke liegen.
Auch in Süditalien gibt es Tankstellen. Für den Radler taugen sie jedoch nur, wenn sie eine Bar haben, was immer groß angeschrieben ist. Ansonsten gibt es nur Benzin.
Nun der Sprung über die Meerenge
Gestärkt und unbehelligt der Stadt Rosarno entronnen, geht es in den nächsten Orten um den Einkauf der nicht aus Deutschland importierten Zubehöre, hier insbesondere Kochgas und Hundespray (Pfefferlösung).
Die Stadt Gioia Tauro bietet ein gefällig geordnetes Warenangebot direkt an der SS18, allerdings wurde ich nicht fündig.
Falls es aber für euch etwas zu besorgen gibt: dort sollte man es bekommen.
Schon in der Stadt fängt die hier ziemlich stark befahrene SS18 an zu steigen, recht häßlich und lange, lange die Berge hinauf. Nach einigen Kilometern des Steigens der erschreckende Anblick des fast 600 Meter hohen Monte Sant'Elia mit Turm. Da geht die Straße drüber?
Oh ja, oh jemineh. In rasendem unablässigem Verkehr und praktisch direkt am Bankett steigt und steigt die Straße über Palmi auf die Klippe des Sant'Elia. Wie an so vielen Stellen im bergigen Italien geht untenrum nichts.
Mit etlicher Mühe ist der Berg dann genommen - so soll es fortgehen. Sind 4000 kalkulierte Kilometer auf diese Weise überhaupt zu schaffen?.
Jedenfalls verläuft sich der Verkehr beim Abstieg der SS18 nach Süden, indem ihn eine Autobahnanschlußstelle aufsaugt und die Tirrena Inferiore wird zu einer gemütlich verkringelten Provinzstraße, von der der Radtourist eine bombige Aussicht auf die Costa Viola zwischen Bagnara und Scilla sowie auf den Stretto und Sicilia hat.
Ab Bagnara am Fuß des Monte Sant'Elia folgt die SS18 als schmale Straße wieder dem Meeresniveau an den schroffen Westhängen des Aspromonte.
Der Rest ist Kür:
Scilla - Villa San Giovanni / Fährhafen
Die Verschiffung des Fahrrads ist nicht schön: Man muss in der Autoschlange mitrollen. Die Einfahrt des Terminals ist nicht eben radkompatibel und es ist jede Menge Betrieb.
Dafür ist die Überfahrt billig (1,50 einfach, Caronte e Töurist) und Essen gibt es auch (und das ist teuer).
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