Kilometertabelle:
Kalka - Solan - Dharampur - Sabathu - Kunihar 61 km
Kunihar - Arki - Chamakari - Namhol 65 km
Zur Zugfahrt und Ankunft in Kalka habe ich in Abschnitt 1 - Delhi geschrieben.
Die Vergnügungsfahrt von Delhi über Chandigarh war von Problemen begleitet, gelang dann aber doch mit einem Aufwand an Tips (Schmiergeld) in Höhe der 1.-Klasse-Fahrkarte.
Die am Hang gelegene Kleinstadt verfügt trotz eines großen Umsteigebahnhofs nur über ein eingeschränktes Beherbergungswesen. Dennoch gelang es mir gegen 10.00 Uhr abends, eine Bleibe aufzutun. Der Aufenthalt war überteuert und wenig angenehm wegen des in Indien überall verbreiteten Lärms (hier: Fernsehen!).
Direkt aus der Kleinstadt (650 m) geht es in die Berge hoch. Die Steigung ist mäßig aber gleichbleibend. Über eine Stadtzufahrt ereicht man den National Highway NH 22 nach Shimla, der bis hier als 4-spurige Schnellstraße ausgezeichnet ausgebaut ist. Nach der Einmündung der Straße von Kalka ist der NH 22 2 spurig bei weiter sehr guter Straßenqualität. Es herrscht starker LKW-Verkehr, gefahren wird jedoch langsam und gegenüber dem Radfahrer sehr rücksichtsvoll - anders als in der Ebene!
Die Landschaft ist angenehm bewaldet mit zahlreichen Siedlungs- und Gebäude-Einsprengseln, es gibt sogar eine recht gewagte Kabinenbahn. Daneben gibt es etliche Eateries und Restaurants und auch Geschäfte. Wer sich den Himalaya als Gebiet krachender Eisriesen inmitten beängstigender Einsamkeit vorstellt, findet in dieser elysischen Landschaft mit häppchengerechten Konsumdarreichungen und quirligem Autoverkehr eine klare Antithese. Prestigebewußte Touristen meiden denn diese Gegend auch.
Ich wollte nicht nur meine Kondition in den Vorhügeln der Shivaliks vervollkommnen, sondern war auch neugierig, wie es dort wohl so zugehe.
Vom Radelrevier, das ich vorfand, war ich überaus entzückt.
Wenig Verkehr außerhalb der National Highways, dennoch recht gute kleine Straßen. Wunderbare Landschaft, immer Versorgungsmöglichkeiten. Die Temperaturen zunächst noch indisch heiß, Himmel aber mit vielen Wolken. Ab 1.200 m merkt man eine Abkühlung. Dennoch ist die Gegend nichts für Hitzeempfindliche und Nordlandfahrer.
Ein Problem stellt die unvollständige Straßendarstellung auf den käuflichen Paierkarten (ziemlich schlecht) und auch auf den gängigen Digitalkarten dar. In Wirklichkeit ist der Himalaya nördlich Chandigarh stark motorisiert mit vielen Straßen. Google hat, aus welchen Quellen auch immer, jedoch eine sehr gute Straßendarstellung. Eine Mobilfunkkarte, in Delhi erworben, hilft hier ausgezeichnet. Das örtliche Mobilnetz ist sehr gut. Allerdings werden die Ängstlichen größte Probleme haben, zuhause am Computer ihre Himalaya-Rundtour ab Chandigarh mit den passenden Waypoints zu planen. Die werden immer auf der BUndesstraße hängen bleiben.
Bei Dharampur verließ ich die Bundesstraße zur Provinzhauptstadt Shimla und bog über die lustige Spielzeugeisenbahn nach ebenda Richtung Arki ab, um später den NH 88 nach Bilaspur zu erreichen.
Die Fahrt in der schönen Vorhimalaya-Gegend über schmale Bergstraßen war erbaulich.
Obwohl die Höhenlagen eine Feriengegend für wohlhabende Inder darstellen, gebricht es in den tieferen Orten mangels Nachfrage an Hotels. Nach einigem Suchen fand ich in Kunihar eines, das der Eigentümer extra für mich öffnen wollte. Es war recht nett und intim das Beisammensein aber gleichzeitig auch schrecklich wegen der lokalen Eigentümlichkeiten. Erbaulich und lustig war das Einführen in die weitverzweigte Familie des schon im Ruhestand befindlichen Hoteliers, ein Akademiker. Ich hoffte, ich müsste zur Strafe nicht die gesamte hundertköpfige Sippe der lokalen Vogtei-Familie kennenlernen und mein Wirt war denn auch sehr lieb und gnädigt und ließ zunächst nur seinen Neffen antanzen, ein echtes Prachtstück von Neuinder, der hier auf dem Land gar nicht hinpasste, nämlich ein absolut eloquenter und blendend auftretender Bollywoodtyp um 18 Jahre, der extra für mich aufgeboten wurde, damit er mal einen leibhaftigen Europäer zu Gesicht bekommt (man sieht sie zur Genüge in Shimla). Das gefiel mir dann schon sehr gut und komplementär wurde noch der Bruder des Hoteleigners aufgeboten, ein über 80-jähriger mönchisch bekutteter Ghandi-Typ, der zahnlos, aber quirlig wie ein Tempeläffle ebenfalls ausgezeichnet Englisch parlierte. Beide Verpflichtungen waren mir ein großes Vergnügen und es wurde dann noch mit Ehrfurcht darüber debattiert, was ich vorhatte (ich war damals selbst noch nicht sicher, was es wird). Mit dem weniger interessanten Rest der Sippschaft wurde ich verschont. So war es im Handwerkerdorf Kunihar (netter gemütlicher Hindutempel ohne Touristen) doch noch sehr nett, viel netter als im Moloch Delhi. Das Logis war ein Gefälligkeitsgeschenk.
Andertags fuhr ich über eine abwechslungsreiche Hügellandschaft Richtung Arki, eine Stadt, die ebenfalls keinerlei Auslandstouristen kennt. Die Leute sind sehr freundlich und weniger zudringlich als im Flachland. Eine Hundertschaft Schülerchen bereitet mir einen kreischenden Empfang, als sie mich in der Zehnerpause schon am gegenüberliegenden Hang bemerkten, wie ich sie fotografierte. Die Schüler in Himachal Pradesh sprechen ein ausgezeichnetes Englisch, was man von den nichtakademischen Erwachsenen nicht sagen kann. Man kann sich aber mit fast jedermann englisch verständigen.
Auf ca 1.300 m erreichte ich den Highway von Shimla nach Bilaspur. Dann hatte die ständige Auf- und Ab-Kletterei ein Ende, aber der Verkehr war wieder deutlich heftiger. Gleichwohl fährt der Schwerverkehr umsichtig und ein Radfahrer kann gut auf dem nicht sehr breiten Fahrdamm existieren. Die Belagqualität ist abgesehen von begrenzten Schadstellen gut.
Bei Kharadaghat erreichte ich den höchsten Punkt der Shivaliks-Durchquerung mit 1.630 m. Die Versorgungsmöglichkeiten entlang der Bundesstraße sind zahlreich. Noch 20 km vor Bilaspur bezog ich Logis in einem der Ferienhotels bei Namhol.
Im tief gelegenen Bilaspur (ca. 673 m, man kann auch eben hinfahren, dies allerdings mit viel gefährlichem Verkehr) hatte ich zunächst damit zu tun, meine verlorene Brille nachzukaufen, ohne die ich keine Landkarte lesen kann. So etwas ist im gut organisierten Geschäftswesen Nordindiens innerhalb einer Stunde erledigt zu einem Spottpreis. Hose und Hemd hatte ich auch verloren, diese wurden später ersetzt.
Dann Abfahrt Richtung Sutlej / Beas / Mandi wiederum ins Gebirge mit mehreren Taldurchquerungen.
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