Orientierung / Karten (extern)
Straßen
Verkehrsgebaren
Reisezeit
Saisonöffnung
Unterkunft / Zelten
Versorgung / Siesta / Preise
Geld und Reichtum
Wie sprechen?
Was auftragen?
Wie falle ich nicht auf?
Was guggn?
Werden wir bedroht?
Gefährliche Tiere
Heilige am Rande der Landstraße
Straßen
Das Staatsstraßennetz im Molise und Abruzzo ist insbesondere in den touristischen Gebieten bestens ausgebaut und unterhalten.
Probleme beim Radfahren gibt es am ehesten mit schnellstraßenähnlichem Ausbau, der selbst in der Provinz komplizierte Spurgewickel bei Kreuzungen oder Einmündungen hervorbringen kann. Außerdem mit zuweilen sehr heftigem Verkehr, der manche Staatsstraßen in den Talebenen zum Radfahren absolut ungünstig macht. Hier ist insbesondere die Schiene Venafro-Isernia (-Campobasso) zu nennen, von der man sich tunlichst fernhalten und auf Nebenwege ausweichen sollte (teils radverkehrsgesperrte Superstrada sowie brandheißer Schnellverkehr auch auf der Strada Statale). Verkehrsreich ist auch das Valle Peligna.
Die Staats- und Nebenstraßen im Gebirge sind jedoch durchweg gut beradelbar, wenn mal von den jeweiligen Anfahrtsrampen absieht.
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Typisch in touristischen Gegenden ist der verschärfte Moto-Verkehr - hier können es die Mopedler ohne allzuviel Kontrollen nochmal richtig krachen lassen - geht in Deckung. Dafür gibt es dank der ausgezeichneten Autobahn-Erschließung des Abruzzo kaum Schwerverkehr auf den touristischen Strecken.
Die Belagqualität ist immer sehr gut - selbst auf kleinen Nebenstrecken kann man in den wichtigen Touristengegenden der Marsica und des Gran Sasso immer auf erstklassig gepflegte Fahrbahnen zählen, die auch mit Renngeräten gepflügt werden können. In meinem Fall selbst nach dem Erdbeben (die marginalen Schäden, nur im Gebiet um l'Aquila, sind heute längst behoben).
Eine Seuche, die speziell in der Erdbebenregion, die ich aufgrund schon vorher gefaßter Reisepläne besuchte ausgebrochen war, ist die 'Strada chiusa'.
Es handelt sich um einen roten Kringel, der meistens mit einem Blatt Zaubersprüchen und hoheitlichen Siegelzeichen auf die Straße gestellt wird und uns an der Durchfahrt hindern soll.
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Die praktische Betrachtung der Strada chiusa ergibt dann meist, daß eben doch alle dort fahren, wenigstens die, die sich auskennen. Oft ist die 'Strada chiusa' gerade der Lösungsweg, nach dem wir auf der Karte vergeblich gesucht haben.
Habt also Mut, und laßt euch durch die italienische Absperrmethode nicht in die Irre führen.
Nur einmal fand ich eine tatsächlich abgestürzte Straße vor. Doch mit dem Rad kommt man immer irgendwie weiter..
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Ein kleineres Straßenproblem entstand in der Verbindung des Valle Peligna mit der Hochebene von Navelli. Während die angenehm angelegte neue SS153 einen riesigen Umweg fährt und ein teilweises Superstrada- und Galeria-Problem aufweist, steigt die alte SS17 mit etwas zu viel Engagement oberhalb von Popoli in die Berge - es fehlt noch eine Serpentine. Die Straße ist vom Aussichtsgehalt sehr empfehlenswert, aber für Familien mit Kindern nicht eben radfreundlich gestaltet. Hier ist wirklich Kondition erforderlich (von Süd nach Nord) - ihr werdet ins Schwitzen kommen. Daneben quirliger Verkehr - die Autos scheuen auch den Umweg der neueren Strecke.
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Tunnel:
Die Straßentunnel des Abruzzo sind für Radverkehr nicht vorgesehen und mitunter auch brandgefährlich, weil sie manchmal nicht beleuchtet sind, kurvig, steigend und noch recht schmal ohne Bankett dazu.
In vielen Fällen findet man den zugehörigen Rest der Altstraße, der dem Radfahrer immer noch als schöner ruhiger Weg dienen kann. Suchen lohnt sich!
Verkehrsgebaren
Legendär der italienische Straßenverkehr.
Seinen Schrecken wird man im Abruzzo und Molise jedoch allenfalls an der Adriaküste auskosten können, und wie oben erwähnt, am Nordrand des Einzugsgebiets von Napoli.
Erwähnt werden soll jedoch, daß ich aufgrund des Erdbebens April 2009 bzw. wegen meiner Reiseroute in den beiden Städten l'Aquila und Campobasso keine Verkehrsbeurteilungen durchführen konnte.
In der ganzen Region herrscht sonst ein überaus gesittetes, ja in den kleinen Flecken rücksichtsvolles Miteinander auf der Strada.
Dennoch wird an Brennpunkten der Verkehr oft großzügig durch die Policia Statale geregelt.
In den sonstigen Städten fließt der Verkehr unaufgeregt und läßt, manchmal schon auf Radspuren, ausreichend Raum für euer Fortkommen.
Die Beachtung elementaren Zusammenspiels wie Ampeln, Vorfahrten und Spurtreue ist im ganzen gegeben.
Das Abruzzo ist ebenso wie Molise verkehrlich angenehm zu beradeln. Man sollte Hauptverkehrsstraßen und deren Tunnel dennoch meiden, und auf heranbrausende Mopeds hören.
Reisezeit
Ich war Mitte Juni in Molise und Abruzzo unterwegs.
Eine für das mittelitalienische Gebirge schlechterdings ideale Zeit! Alles blüht. Die Temperaturen sind in der Tiefebene zwar spürbar, aber einen Schatten findet man immer. Zum Radeln war es immer gut - eine nicht zu empfindliche Kondition verausgesetzt.
Oberhalb von 800 m sind die Temperaturen angenehm. Auch bei knapp 2000 m wurde es tags nicht frisch.
Auch für die beliebte und empfohlene Überquerung des Campo-Imperatore-Hochplateaus kann man den Juni nur empfehlen.
Ein gutes Zeitfenster für Mittelitalien ist April bis Ende Juni und September bis Ende Oktober. Im April und Mai ist das Wetter auch in Italien noch unbeständig, während es im September noch sehr heiß werden kann.
Saisonöffnung
Die Nähe zu Rom, Neapel und zu den Großstädten an der Adria macht das Abruzzo zu einem relativ saisonunabhängigen Reisegebiet.
2x im Jahr ist alta stagione, im Juli/August und im Januar/Februar (Gran Sasso), hierfür sind die Kapazitäten bemessen.
In der alta stagione sind nicht nur die Preise fantastisch, wenn ihr auf gut Glück unterwegs seid, werdet ihr auch große Schwierigkeiten haben, ein Logis in den bevorzugten Touristengebieten zu erhalten, außer evtl. auf Zeltplätzen.
Für den Rest des Jahres findet man überall ausreichend Quartiere und Nahrungsgelegenheiten zu bezahlbarem Entgelt (auch wenn dann vieles geschlossen ist). Die bewirtschafteten Zeltplätze sind nur in der warmen Jahreshälfte offen. Ihr solltet die Platzöffnung vorher abklären, z.B. mit einem aktuellen, gedruckten Campingführer bzw. fernmündlich/ per E-Mail. Web-Campingverzeichnisse für Italien enthalten oft falsche Informationen.
Unterkunft / Zelten
Im Molise und Abruzzo habe ich überwiegend in der Wirtschaft genächtigt, da es an günstig gelegenen Zeltplätzen mangelt. Aber es gibt viel mehr Zeltplätze, als die großen Campingführer ausweisen, darunter auch unbewirtschaftete Zeltflächen.
Wildes Zelten ist in den Nationalparks des Abruzzo strikt verboten, ein Corpo Forestale ist unterwegs, um euch hinterm Busch aufzuspüren. Die Buße ist teurer als eine Nacht im Albergo.
Wunderbar gelegen und großzügig dimensioniert ist der Zeltplatz am Lago di Scanno.
Der gastronomische Standard in den Nationalparks des Abruzzo ist den Ansprüchen des Publikums geschuldet ziemlich hoch. In Castel del Monte beispielsweise bekam ich das bei weitem opulenteste frisch gemachte Colazione meiner 2-monatigen Fahrt trotz des Erdbebennotstands.
Übernachtungspreis für einfaches Hotel Einzelzimmer 'Bassa Stagione': ca. 40,- - 50,- €, in den Städten etwas mehr.
Manchmal wird von einem Listenpreis darüber in der Nebensaison noch ein Rabatt gewährt bei Spontanbuchung. Fragen, falls es nicht von vornherein angeboten wird. Der Hotelstandard liegt deutlich über dem in Süditalien inkl. Raum Neapel Üblichen.
Übernachtungpreis für Pensionszimmer (Bed & Breakfast, Albergo, Pensione u.a.) / Agriturismo (ländliche Pension auf Höfen) Einzelzimmer 'Bassa Stagione' ca. 30,- - 40,- €. Hier sind keine Rabatte üblich, jedoch insbesondere in den staatlich subventionierten Agriturismo-Betrieben oft ein hoher Standard, sowie - auch in vielen B&B und Alberghi - liebenswerte persönliche Betreuung.
(Hinweis: der Absatz Hotels und Pensionen speist sich aus Erfahrungen einer 2-monatigen Reise durch ganz Italien, ist aber speziell auf Abruzzo und Molise bezogen)
Versorgung / Siesta / Preise
Nahrungsbeschaffung und allgemeine Versorgung unterscheiden sich in einigen Details von derjenigen eurer Heimat.
In einem Punkt herrscht, der Jungfrau Maria sei gedankt, Gleichtakt: das Geld ist heutzutage dasselbe, wodurch die bereichsweise vorhandenen Preisunterschiede besser aufscheinen.
Typisch für Italien ist die Versorgungsunterbrechung in der Mittagszeit für 3 bis 4 Stunden, wodurch man besser disponieren muß, wie man durch den Tag kommt. Außerdem gibts zum Mittag nix Gescheites zum Essen, die Küche hat zu bis abends.
In Not-Essgelegenheiten gibt es ein bissel Junk Food, meist aber kein Pizza, wie ihr das gerne hättet.
In den wichtigsten Touristenbrennpunkten der Nationalparks werdet ihr jedoch auch mittags was zu Beißen finden, so auch in der Einsamkeit des Campo Imperatore.
Wohl bekommt man in Italien aber Süßes, Eis und auch belegte Brötchen oder in proletarischeren Etablissements die junk-haften 'Sandwich', ein Burgerimitat aus Billigmaterialien sowie weiteren Ex- und Hopp-Fraß in der Mittagsstunde (in der Stadt etwa Hendl vom Grill bei 40° draußen). Entsprechende Etablissements kennt man als 'Bar', aber auch als 'Panini' oder gar als 'Sandwich'.
Sämtliche ehrbaren Geschäfte haben ab ein Uhr oder früher zu, da deren Inhaber nun den Mittag in der Bar oder zu Bette verbringen. In manch kleinem Famlien-Laden auf dem Land harrt aber hinter herabgelassenm Rollo doch noch wer aus, der dem Radler in der Not eine Flasche Brause verkauft. Seht nach!
Die Mittagszeit stellt den Radler eben oft vor das Problem, Getränk nachzubunkern, das in kräftezehrendem Berganstieg zu ende ging. Das wiederum ist in der B a r möglich, allerdings wird dort das Getränk oft nicht zum Kauf ausgestellt, sondern man muß an der Theke danach fragen (Acqua bzw. Bibite für Limo). Es wird allerdings ganz regulär verkauft und obwohl es oft das 3-fache des Supermarktpreises kostet, ist es, sofern es sich um Wasser handelt, im Vergleich zu Deutschland immer noch ein akzeptabler Preis. Wasser in Flaschen ist nämlich spottbillig in Italien und wer im Laden nur 1 Flasche Wasser kauft, wird daher in frequentierteren Lagen scheel angesehen.
Das Kaufen einer Flasche Wasser in der Bar ist, obwohl als Bückware gehandelt, dagegen kein Affront gegen den Inhaber.
Sämtliche anderen Güter werden in der Bar dagegen in Kleinstpackungen abgegeben zu fantastischen Preisen, die in Euro erst so richtig offenbar werden. Davon lebt der Barista.
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Güter vom Bedientresen, wie ein Tropfen Espresso ('caffé') oder etwa mittags noch vorhandene Backwaren werden dabei mit Selbstbedienungsartikeln gemischt zu einer meist separat vorhandenen versteckten Cassa getragen und zusammen bezahlt. Trinkgeld ist bei der separaten Kasse nicht vorgesehen.
Ebenso sind mindestens Radtouristen zuschlagsfrei willkommen auf einem allfälligen Freisitz oder in einer dementsprechenden Sitzgarnitur, soweit der Verzehr zuvor an der Cassa beglichen wurde.
Ihr dürft also bedenkenlos Platz nehmen und eure knallbunten Utensilien um euch herum aufbauen, auch wenn in Reiseführern immer dazu angehalten wird, in der Bar zu stehen.
Mitunter wurde mir der vorausbezahlte Verzehr auch *kostenfrei* vom Personal auf der Terrassa kredenzt, da man dem ausgezehrten Radler das Stehen am Tresen nicht zumuten wollte.
Allerdings hatte ich auch unverschämte Verkäufe resp. Nichtverkäufe in Bars, insbesondere in den Tankstellen-Bars oder sonstigen freistehenden Etablissements, die in gewisser Weise unseren Tankstellenkiosken entsprechen, denn an der eigentlichen Tankstelle bekommt man in Italien nur Kraftstoff. Nur wo 'Bar' dransteht, gibts auch sonst was zu kaufen. Wie früher auch im deutschen Lande, ist der Ton an der Tanke (-Bar) ein rauher! Es gab auch nette Tankistinnen mit viel kostenfreiem Service - es ist wie so oft Glücksache.
Der Caffé (Tropfen Espresso mit soviel Zucker wie Wasser), von dem die Stammgäste in einiger Zeit meist 2 oder 3 oder 4 nehmen, ist das Hauptprodukt der Bar und in Einzelportionen ungewohnt billig. Natürlich gibt es im angelsächsisch-deutschen Bar-Sinn auch alkoholische Getränke. Deren Konsum ist aber bei Einheimischen untertags nicht populär. Die Hitze mittags und der Alk - das haut euch um.
In Kurzfassung die sachgerechte Order der Caffé-Sorten (ganzer Tag):
Caffé (Kaffää)
nur 1 Tropfen, mit Zucker bis unters Dach (nehmt ihr euch vom Tütchenhaufen), zu deutsch Espresso. Kostet im Dorf oft nur 70 Pfennig.
Lungo (lung-go)
dasselbe mit etwas mehr Trinkcharakter, d.h. Wasser steht bis Kante Mikrotasse, gebräuchlich für schnelle Bestellung einer Mehrmenge
Doppio (Dop-pio)
Caffé x 2, passt immer noch in die Mikrotasse hinein, der Barista hat den Doppio nicht so gern - dauert doppelt so lang
Americano (Amerikahno)
In Touristenorten üblich, wird euch oft gleich beim Entgegentreten des Tresens angeboten, um Beschwerden zuvorzukommen:
Ein mitteleuropäisch aufgemachtes Getränk in mittlerer Tassengröße, basierend auf Lungo-Derivaten mit Milchgehalt und Schäumen.
Befriedigt den Appetit auf eine Tasse Kaffee bei 5 Minuten Pause am ehesten. Preislich immer noch billiger als 'e Tass' Kaffee'aus deutschen Landen.
Cappuccino (Kap-putschihno)
Wie in der Heimat ein süßliches Milchschaumding mit etwas Kaffee drunter. In der Menge viel geringer als gewohnt.
Für den Radler ist die Bar die mittägliche Rettungsstation, falls Nahrung und Wasser ausgegangen sind.
Dementsprechend gilt es morgens im Supermercado zu günstigeren Preisen ausreichend davon zu bunkern, soweit das Gesamtgewicht es noch zuläßt.
Italien ist heute das Land der billigen Industrienahrung ähnlich wie die ganze alte EU. Im Supermercado werdet ihr die abstrusesten Fertigprodukte finden, von denen die meisten sich der Jungfrau Maria sei Dank nicht für den Transport per Rad durch den Hitzetag eignen.
Die Preise für viele radfahrgeeignete Viktualien wie Milchprodukte oder Nüsse liegen bei weitem höher als in Deutschland. Auch Schinken, Wurst, Käse und Ölzeug von der Theke sind deutlich teurer als in Deutschland. Natürlich kommt es sehr darauf an, was man wo kauft. Es gibt Billigsupermärkte wie in D auch, aber nicht immer werdet ihr einen finden und nicht jeder steht drauf. Übrigens herrscht dort oftmals Packungszwang, so daß man 4 Liter Cola kaufen muß oder verrecken darf.
Dafür gibt es überall noch kleine Spezialitätengeschäfte, wo der verbeamtete Genußradler mit höherem Anspruch nach Herzenslust schwelgen und die Hökerinnen erfreuen kann.
Früchte sind oft preisgünstig, Brot und Wasser sind subventioniert billig (daher werden Backwaren auch immer abgewogen in Pfennigbeträgen verkauft, damit nichts verschwendet wird).
Eine Eigenart ist die noch vorhandene starke fachliche Aufteilung der Sortimente auf unterschiedliche Geschäfte. Wo kein Conad Supermercado auszumachen (was der Fall sein kann), muß sich der von Zeitnot geplagte Radler (Etappe, Etappe, Etappe) durch mehrere Bedienläden fragen. Schlangestehen gehört meistens dazu. Italiener stehen gerne!
Generell müsst ihr für Unterwegs-Verpflegung mehr einplanen als in D üblich.
Das Angebot an radfahrertypischen Ernährungshilfsmitteln wie Riegel, Schokolade oder Dopingfraß ist im touristisch gepflügten Abruzzo eher vorhanden als im südlicheren Italien, aber teuer. Zudem sofern schokoladehaltig äußerst unpraktikabel.
Ihr müsst umsteigen auf die Nutella-basierten, auslaufgeschützten Konstruktionen der italienischen Fertigbackwaren-Industrie. Die werdet ihr aber bald satt haben.
Individualgebäcke der 'Pasticceria' sind empfehlenswerter.
Eure gewohnten Kraftlimonaden sind weit verbreitet und gelten als schick. Italien als Land der Großpackung bietet sie in allen abstrusen Flaschengrößen. Oft ist die größte die teuerste (prozentual!). Immer nachrechnen!
Die italienische Mogelpackung sorgt auch nach dem Kauf immer wieder für Heiterkeit. Probiert sie aus.
Wenn alles aufgegessen ist, kann man ab etwa 4 Uhr nachmittags bis abends um 8, manchmal in kleinen Läden bis 10 wieder neue Sachen kaufen, z.B. Bier für den Abend. Das italienische Bier finde ich ganz ausgezeichnet. Es hat einen schlechten Ruf. In Molise und Abruzzo überall zu kaufen.
Öffentliche Trinkbrunnen oder Quellen findet man in diesen beiden waldreichen Gebieten immer einmal. Ihre Genießbarkeit sei dahingestellt. Entwarnung, wenn Eingeborene beim Wasserabfüllen beobachtet werden.
Sonntagsöffnung
'Domenica aperto' ist ein Plakat, das der durstige Radler gerne liest.
Im Gegensatz zur rigiden Sperrstunde über Mittag sind im katholischen Gottesstaat viele Einkaufsgelegenheiten am Sonntag vormittag geöffnet, wenige auch nachmittags. So auch in den Touristenorten im Gebirge. Es scheint also möglich, den heiligen Tag über auch das Werk der Nächstenliebe zu vollbringen und Hungernde und dürstende Sportler zu beköstigen.
Italienisches Frühstück
Dieses berüchtigte Mahl ereilt euch in Festunterkünften oder nach dem Zelten in der Bar.
Ihr kriegt einen Tropfen Caffé oder einen Cappucino und folienverpackte Minigebäcke aus der Großpackung. Meistens ist das Nutella schon eingebaut, ansonsten kommt es in einem extra Folientiegelchen von 5 Gramm. Auch ein ebensogroßes Portiönchen Marmelade mag dabeiliegen und schon ist das 'Colazione' fertig. Auch die örtlichen Schulkinder erhalten ähnliches.
In der Bar wird immerhin ein Mini-Hörnchen namens Cornetto verkauft, das mit Nutella ('cioccolato' - *lach*), Marmelade ('marmellato') oder mit Quark ('crema') erhältlich ist. Meistens ist es für euch in der Hektik des Morgens gar nicht erhältlich, weil die Einheimischen lauter und im Lokaldialekt nach ihrem Cornetto schreien können - ihr wart noch nicht in der Bar frühstücken.
Im Abruzzo erhielt ich jedoch stets ein ausgesprochen reichhaltiges, frisches Frühstück und wurde darüber hinaus noch mit Wegzehrung bedacht. Es ist den Ansprüchen der dort verkehrenden Touristen geschuldet.
Man kann das Colazione bei den Übernachtungen übrigens oft abwählen. Die Wirte mögen es eh nicht.
Sonstige Sortimente
Vieles findet sich nicht an seinem von Deutschland gewohnten Sortimentsplatz:
Habt ihr um Fluggewicht zu sparen, kein Sonnenmittel mitgenommen, seid ihr nun ein typischer Fall für die Farmazia, zu Apothekenpreisen! Im Supermercado gibts das nicht - anders als von Touristenanlagen gewohnt.
Sonnen- und anderes Körperzeug gibts auch in der Parafarmazia (Drogerie) oder Profumeria ('Damengeschäft'), beide ebenfalls erheblich teurer als der heimische dm-Markt.
Duschseife dagegen ist wieder im Tanten-Laden zu kriegen.
Sofern ihr Armen mit dem Fluuuuchzeuch hergekommen seid, musstet ihr vielleicht auch euer Kochgas zuhause lassen. Gas gibts neben den Läden auf Zeltplätzen und wenigen Supermercadi in Badeorten in der 'Ferramenta' (Eisenladen), insbesondere Schraubkartuschen sind so gut wie gar nicht erhältlich!
Also französischen Kocher mitnehmen oder sich durch dutzende Ferramenti in den Städten durchfragen. Schraubkartuschen werden in Italien teilweise auch zum Löten eingesetzt.
Universelle Fahrradteile wie Schrauben, Werkzeug, Flickzeug, Schläuche, aber auch Mechanikerhilfe gibt es in den unzähligen Werkstätten für Motorini, am besten nach einer Piaggio-Akkumulation Ausschau halten oder zum größten Motorini-Händler vor Ort durchfragen, die verkaufen oft auch Räder (die meisten für Kinder).
Radläden gibts nur in größeren Orten an der flachen Küste Die sind dann auch nicht sehr gut mit Ersatzteilen im ATB-Bereich bestückt.
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Geld und Reichtum
In Mittelitalien gibt es in jedem größeren Dorf sowie an allen prominenten Touristenstationen, selbst an den Bergstationen, Geldomaten, dort 'Bancomat' genannt. Alle gängigen Kreditkarten sowie die Maestro-(Bank-)Karte werden angenommen. Manipulationen an Automaten sind nicht mehr oder weniger zu erwarten als in Deutschland. Man kann die Karte bedenkenlos einsetzen. Die Gebühren für das Geldholen mit der Maestro-Karte sind erstaunlich günstig (günstiger als in Deutschland bei Fremdinstituten, teilweise sogar als bei der eigenen Bank auswärts). Der Nachteil der Maestro-Karte (früher EC-Karte) ist: wenn sie weg ist, seid ihr bankrott. Kreditkarten werden unterwegs ersetzt.
Ihr solltet also noch ein Reservezahlungsmittel dabei haben.
Als Rettung kann man sich in Ballungsräumen Cash per Western Union schicken lassen.
Amex-Reiseschecks kriegt man heute in Italien kaum noch los - sie bedeuten Geldbunkervormittage in den größten Banken der Provinzhauptstädte, Klinkenputzen, Betteln, stundenlanges Warten, inquisitorische Befragungen und durchschnittlich 8 % Bearbeitungsgebühren und Provisionen. Vor wenigen Jahren war das noch anders.
Allerdings sind sie nach wie vor sehr sicher, wenn auch kompliziert im Gebrauch.
Bessere Akzeptanz scheinen Visa-Reiseschecks zu haben.
Wie sprechen?
Italien ist das Land des Italienischen, so hört man oft und es ist auch gar nicht so verkehrt.
Mit etwas Italienisch, verstärkt durch ein praktisches Hexaglot oder ganz altvordern durch ein Reisewörterbüchlein, kann man in Italien viel bewirken.
In der touristischen Gastronomie an der Küste und den weiteren Rummelplätzen spricht das Personal immer deutsch, oft sogar perfekt, da in Deutschland aufgewachsen oder gelernt oder gewesen.
Meistens auch Englisch.
In den Provinzstädten ist dagegen Italienisch Geschäftssprache.
Damit eine Verständigung auch außerhalb der Massenverkehrströme möglich ist, können junge Menschen mittlerweile darauf bauen, daß ihre italienischen Altersgenossen zu einem ganz guten Englisch-Unterricht verpflichtet sind, von wegen Internet und Globalisierung und alles. Italien ist ein Export-Staat.
Akademiker sprechen immer Englisch und oft wird auch ausgezeichnet Französisch und Deutsch gesprochen.
Mit einer solchen Auswahl an gesellschaftlich verteilten Sprachmöglichkeiten kann man jederzeit eine Verständigung herstellen, wenngleich ein minimales Üben der italienischen Grundkommunikationen immer einen guten Eindruck hinterlassen wird.
Die Sprache ist prinzipiell einfach zu erlernen. Die grammatischen Tücken, die in Sprachkursen gerne gedroschen werden, sind eigentlich nicht das Relevante. Wichtiger ist ein bisschen Wortschatz, und der ist wegen des schönen Wohlklangs der Sprache nicht so schwer zu pauken. Die passenden Wendungen hört ihr dann auf der Straße.
Was auftragen?
Bei der Nacharbeit meiner Fahrt stieß ich wieder einmal auf fast jeder Themenseite auf den für Italien-Touristen vorgeschriebenen gediegenen Kleidercodex der 50er Jahre, an den sich eh kein Tourist hält.
Wie ist das nun mit den Ciclisti? Dürfen die in kurzen Hosen rumlaufen?
Ja, aber natürlich überall, außer vielleicht Sonntags in der Kirch, solange es nur der bekannte buntgestreifte Radlergummi mit vielen lustigen Buchstaben ist, bei dem sich der Schwanz so prominent ausbeult.
Italiener mögen es so, wie es alle machen, insbesondere die Großen im Fernsehen, und solange ihr als Knallbonbon einherstolziert wie Ivan Basso, könnt ihr unbehelligt durch jede Stadt tippeln und überall einkehren, wenns nicht nach acht Uhr ins Ristorante geht.
In der Bar kriegt ihr sogar einen Ehrenplatz, wenn ihr so richtig schön bunt seid.
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Schwerer haben es da schon Studenten und Oppas, die ordinäre kurze Hosen ohne TV-Attribute auftragen.
Doch keine Sorge: Im heutigen Italien, 50 Jahre nach den 50er Jahren könnt ihr auch als einfache Kurzhosenradler überall herumlaufen, auch im Museum, auch in der Apotheke. Ihr solltet halt nicht zu sehr stinken. Italien mag Seife. Evtl. Wechselkleidung heranziehen.
Ihr müßt eure Garderobe also nicht im altbackenen Reiseführerstil umgestalten.
Um bei Stadtbesichtigungen nicht schon von weitem aufzufallen, habe ich dort allerdings schon lange Hosen benutzt, die ich vor den Toren dann von mir warf. Aufgefallen bin ich dann trotzdem.
Wie falle ich nicht auf?
Wenn ihr die übrigen teutonischen Abruzzo-Touristen in ihren Jack-Wolfskin-Tuchen erst mal gesehen habt, seid ihr euch selbst schon weniger peinlich.
Natürlich fallt ihr auf. Jeder sieht auf 30 Meter, daß ihr mit eurem buntischen Angeberkram Deutsche seid. NUR Tedesci sind so! Ihr werdet oft genug auf Deutsch angesprochen werden.
Bei der Verständigung gehts oft drunter und drüber. Die Ansässigen führen euch manchmal absichtlich vor. Das ist normal. Selbst wenn ihr perfektes Sprachlehrer-Italienisch könntet - jeder würde sofort erkennen, daß ihr fremd seid.
Als Deutscher wurde ich immer sehr freundlich und ohne Ressentiments angesprochen.
Was guggn?
Molise und Abruzzo sind wie ganz Italien voller interessanter Plätze für jeden Geschmack. Man muß nur der Nase nach fahren und mal nachsehen.
Wichtigstes Ziel dürften die drei Nationalparks 'Parco Nazionale dell'Abruzzo, Lazio e Molise', 'Parco Nazionale della Maiella' und 'Parco Nazionale del Gran Sasso e Monti della Laga'. Ohne Wenn und Aber kann man den Besuch eines oder aller dieser Landschaftsparks mit dem Rad empfehlen. Ihr werdet begeistert sein, vorausgesetzt, die Sonne lacht.
Lohnende Orte sind im Süden u.a. die Dörfer am oberen Volturnofluss (Molise), die Gegend um den Lago di Barrea, Scanno und Umgebung (Wandern), das anschließende Valle del Saggitario, im Norden natürlich das Campo Imperatore mit Castel del Monte, das anschließende Valle del Vasto am Gran Sasso d'Italia (beide mit Wandermöglichkeit) und auch der Aufstieg von Norden zum Corno Grande nach Prati di Tivo (Hotelansammlung, Sportstation - herrliche Ausichten), sowie jedes Bergdorf, das ihr von unten sehen könnt. Sucht euch eins aus.
Wegen des Erdbebens vom April 2009 war die touristisch gefragteste Stadt im Abruzzo, l'Aquila während meiner Tour leider nicht zugänglich. Man sollte l'Aquila gesehen haben. Dem Vernehmen nach steht noch einiges.
Sulmona ist auch eine sehenswerte Stadt, die jedoch einen ganz anderen, neuzeitlichen Charakter hat und im übrigen ausgezeichnet TV-überwacht ist.
In der Nebensaison verlaufen sich die ausländischen Touristen in den Nationalparks ganz gut. Wenn ihr Geselligkeit braucht, findet ihr aber immer entsprechende Hotspots.
Wegen des Erdbebens vom April 2009 war die touristisch gefragteste Stadt im Abruzzo, l'Aquila während meiner Tour leider nicht zugänglich. Man sollte l'Aquila gesehen haben. Dem Vernehmen nach steht noch einiges.
Die Städte an der Küste habe ich völlig ausgelassen
Ist Radeln in Molise und Abruzzo gefährlich, werde ich bedroht, beraubt, beklaut?
Kurz gesagt: Nein.
Kaum irgendwo geht es friedlicher zu.
Meistens habe ich mein Rad unangeschlossen geparkt.
An der Adriaküste geht es einen Zacken heftiger zu. Dort sollte man auf seine sieben Sachen etwas mehr aufpassen.
Gefährliche Tiere
Zunächst Entwarnung:
Tiere gibt es im Abruzzo allerhand, doch alles was zu sehen war, war lammfromm - oder totgefahren.
Berühmt sind ja die fauchenden Giftschlangen des Gebirges. Obwohl ich mehrmals Wandern war, trat mir keine einzige entgegen, während zum Beispiel die Straßen Sizilien vor Schlangen nur so wimmeln.
Die berühmten Trageschlangen des Abruzzo sind im übrigen völlig ungiftige und harmlose Aeskulapnattern, die Menschen nicht zupfen. Es besteht wirklich kein Grund, auf Wegen auf offenes Schuhwerk zu verzichten.
Freifliegende Wauwaus waren immer sehr lieb, man muß überhaupt nicht damit rechnen, von ihnen geneckt zu werden.
Cholerischere Hunde fand ich grundsätzlich an einem Strick vor.
Wildhunde habe ich in den Nationalparks überhaupt nicht gesehen. Ich gehe davon aus, daß diese traurigen Geschöpfe von der Flurpolizei (Corpo Forestale) weggeputzt werden, um das Niederwild zu schonen.
Das Erdbeben hatte jedoch einige sehr traurige Allmendhunde (und -Katzen) in den Dörfern freigesetzt, die sich nicht mehr durch Jagd ernähren und schon im Endstadium angelangt waren.
Wer sich für die Abwehr weniger lieber Wauwaus in anderen Regionen Italiens oder von selbstbewußten Hütehunden interessiert, dem wird hier geholfen.
Man findet eher wenig Hausvieh auf der Straße, wie es sonst für Süditalien typisch ist.
Auf Almgelände weidet das Vieh jedoch frei flottierend und geschlechtlich gemischt.
Es ist aufgrund dieser Lebensweise auch agiler, als wir es vom Stallvieh unserer Breiten kennen. Rechnet damit.
Keiner der Stiere neben der Fahrbahn interessierte sich lange für mich.
Auf den Hochweiden findet man außer Schafen mitunter Herden von Maultieren.
Sie sind zahm und machen dem Wanderer oder langsamen Radfahrer von selbst Platz, indem sie eine Reihe an der talwärtigen Seite des Wegs einnehmen.
Bei Begegnung mit einer Schafherde solltet ihr nach dem Schäfer fragen, sonst seid ihr bald Hundefutter.
Heilige am Rande der Landstraße
In Molise und Abruzzo bei weitem nicht so wichtig wie im Süden des Landes, aber speziell im Gebirge werden noch ausgiebige Feste zu Ehren der heiligen Menschen und deren Wundertun begangen, man denke nur an die bekannte Schlangenprozession von Cocullo.
Die Ausprägung der Feierlichkeiten umfaßt regelmäßig auch einen paritätischen weltlichen Teil, damit dem Vergnügungsbedürfnis genüge getan ist.
Wo aber gar der feste Boden unter den Füßen wackelt, wird, außer der örtlichen Ortsverwaltung, doch noch am liebsten die Heilige Jungfrau Maria Vergine um Beistand gerufen. O Maria, prottegimi!
Nicht zuletzt sei darauf verwiesen, daß der Heilige Stuhl, darauf thronend Giovanni Paolo due, regelmäßig an den Gran Sasso d'Italia düste zur inneren Einkehr und zur Wanderschaft. Er requirierte eine eigene Ortschaft mit Kapelle, San Pietro di Camarda und bekam zu Ehren auch das Namenspatronat über einen nahegelegenen Gipfel des Gran Sasso.
Es hat profanerweise mit der bequemen Autobahnanbindung der idyllischen, kraftvoll durchformten Landschaft im Naturpark zu tun. Eine Wochenendoase wohlhabender Römer.
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