Kilometertabelle:
Melito di Porto Salvo - Gambarie 66 km
Gambarie - Cima Montalto - Melito di Porto Salvo 82 km
Ich hatte den guten Gedanken, von der Küste aus von Gepäck unbeschwert ins Gebirge zu fahren, um hernach im Flachen wieder Strecke zu machen.
So in Sizilien schon erprobt.
Die ehemalige Staatsstraße in den Aspromonte (heruntergestuft zur Strada Provinziale SP3) geht entlang der Fiumara di Melito schön, heiß und zunächst flach nach Bagaladi inmitten von Olivenpflanzungen. Bis dort sind es allerdings auch schon 500 Meter in die Höhe!
Die Straße riecht stark nach Oliven und wo es besonders kräftig nach Öl roch, rief mich schon der Müller zur Betriebsbesichtigung seiner modern ausgestatteten Lohnmühle herein.
Bei Bagaladi windet sich dann eine sagenhafte barocke Rampe in die glühenden Südhänge, die Serpentinen wollen einfach nicht enden.
Autoverkehr gibt es hier nicht. Italienische Kleinautos fahren solche Straßen nur im alleräußersten Notfall.
Dafür ist die Fahrbahn auch nur notdürftig von den zahlreichen Felsstürzen und Steinschlägen beräumt, die jeden Moment über euch herunterbrechen können.
Eine Traumrampe!
Natürlich werdet ihr dort früher oder später auf schwäbische Mopedler treffen, die auf einem 2-Tagestrip nach Messina hier nach Achterbahnspaß schauen.
700 Höhenmeter später seid ihr oben, wo sich eine völlig andere, in vieler Hinsicht auch kühlere Landschaft eröffnet.
Vorsicht, bissige Tiere (am besten ihr guckt mal dort), außerdem eine gewisse Herbheit der Eingesessenen.
Bald verschwindet die Straße in den dichten Wäldern, wo sie in 2 Aufschwüngen nochmal bis 1400 Meter steigt, um zum Abzweig auf den Gipfel und zum Wintersportdorf Gambarie wieder etwas abzufallen.
Gambarie (1317 m) hat eine riesige Bettenkapazität, aber außerhalb der Saison (Winter und August) ist das Dorf verlassen und man muß sich umtun für ein Bett.
Es ist aber sicherlich von den umliegenden Weilern der gediegenste Übernachtungsplatz, denn wir wollen nicht verschweigen, daß Plati und San Luca zur weiteren Umgebung zählen (gewiss findet man auch dort Obdach, aber inseriert wird das wohl nicht).
Wer im Aspromonte durchreist und ein Zelt hier heraufschleppen will, findet im Umkreis des touristisch voll erschlossenen, aber in der Nebensaison eher einsamen Gambarie übrigens beste ausgeschilderte Zeltmöglichkeiten ohne Gastronomie und Wasser, also erlaubtes Wildzelten in extra dafür angelegten Zonen, die auf Wandertafeln ausgewiesen sind, aber nicht so stark beschildert wie kommerzielle Campingplätze. Man sollte rechtzeitig nachmittags anreisen, um das zu finden.
Versorgungsmöglichkeiten fand ich so gut wie keine (geöffneten).
Wie ihr seht, machte ich, auch im Hinblick auf die jammervollen Verhältnisse an der Küste, oben Zwischenstation, weil der geplante Trip in einem Tag nicht zu schaffen war.
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Anderntags startete ich zum Montalto-Gipfel (1956 m), wohin eine schmale, sehr steile Straße fährt, die sich im oberen Bereich schwer auflöst. Es ist kühl dort auf über 1500 Metern, aber das Raufstemmen läßt euch warm werden.
Der Gipfel selbst ist über einen Wanderweg erreichbar, der nicht befahren werden kann (bei Eis mit Radschuhen kaum zu erreichen). Er ist unspektakulär. Einen Jesus gibt es.
Auf einem benachbarten Gipfel direkt an der Straße ist das Gelände einer ehemaligen Nato-Horchstation noch zugänglich (Zutritt verboten). Interessante Ausblicke!
Beim Downhillen wählte ich eine vermeintliche Abkürzung nach der 'Cantoniera' (verlassene Straßenwärterstation).
Die deutlich jüngere Betonplattenstraße machte zunächst einen bonfortionösen Eindruck, nachdem ich dem Abzweig Richtung Bagaladi/Melito folgte, löste sich die Anschlußstraße jedoch völlig in einen zerfahrenen Forstweg auf, während Gewitter um mich herzogen (der Aspromonte stets ein Gewitterfänger).
Mutig folgte ich der Spur, hoffend, sie verliere sich nicht. Und siehe, aus den Krumen des Gebirges erwuchs wieder Asphalt und mein Kompass meinte, die Richtung zeige zur Hauptstraße hinab.
Jesus, der Erlöser hatte mir den rechten Weg gewiesen!
Aber mit dem Golf kann man da nicht fahren.
Seht euch also vor, bevor ihr in den Aspromonte losradelt, nehmt Karte und Kompass mit, und beachtet vorsichtig und wägend die wenigen aufgestellten Richtungsschilder!
Wenn ihr euch verirrt, fressen euch die Wölfe.
Der Telefonempfang ist abseits der Haupteinfallsrouten nicht gegeben.
Der Abschwung brachte mich bald wieder an den Hang des Monte Sant'Angelo bei Bagaladi, wo ich nochmal das Vergnügen hatte. diesmal ohne eigenes Zutun.
Bittet beachtet die beigefügten Lichtbilder, welche die herben zerrodeten Landschaften Südkalabriens zeigen.
Und schön warm war es auch wieder, während im Gebirge die Gewitter werkten.
Auf ein Wort noch zum guten Schluß:
Wie ist denn das nun mit den Buschräubern und der 'Ndrangheta?
Muß man zittern?
Nein, wozu. Zumindest auf der westlichen und südlichen Seite des Aspromonte wurden keine beängstigenden Beobachtungen sichtbar.
Die Mafia macht einen auf Straßenbau (aber nicht daheim im Gebirge) und auf Drogen. Umherirrende Radfahrer sind da keine lohnende Beute. Die haben eh nichts zu beißen.
Die Leute sind allesamt sehr freundlich und gar nicht abwehrend, selbst wenn sie über weniger gesellige Haustiere gebieten. In einigen Gebirgs-Alleinlagen findet man auch den herben Menschenschlag, wie er in die Weite der Wälder gehört.
Auch wenn ich es selbst nicht unternommen habe, halte ich eine Durchfahrt von Plati für unbedenklich (bitte schreibt mir, wie es euch ergangen ist).
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