Kilometertabelle:
Solang - Marhi (Höhenanpassung) 26 km
In Manali wollte ich aufgrund der nötigen Höhenanpassung noch nicht Station machen, sondern möglichst in das ca. 2.300 m hoch gelegene Solang kommen.
So begann ich am Entrance des Manali-Leh-Highway spätnachmittags meine Tour auf der BRO-Straße (Border Roads Organisation, Armee) nach Leh. Ich wusste noch nicht, ob ich ankommen würde.
Die evtl. bestehende Einbahnstraßenregelung (nach Tageszeit) gilt nicht für Radfahrer. Die Einfahrt ist aber mehrfach bewacht. Eine Registrierung ist nicht erforderlich.
Zunächst steigt die schmale Straße dem felsigen Bett des Beas entlang in Serpentinen, bis sich das Tal bei Palchan verengt. Hier beginnt der eigentliche Anstieg auf den Rohtang-Pass. Die Nachkauf-Möglichekeiten in Palchan (auch in Solang) sind sehr begrenzt. Daher sollte man in Manali wirklich alles besorgt haben.
Sowohl in Palchan wie auch in Solang gibt es große, relativ teure Hotels, die aber im Winter Hauptsaison haben. In Solang fand ich jedoch sofort ein geöffnetes Haus. Es war sehr teuer (was sich erst bei Bezahlung am nächsten Tag erwies, ca. 25 EUR) und die Abwicklung etwas holprig. Aber sehr schönes Zimmer und freundlicher entgegenkommender Wirt (diese sind in Indien übrigens oftmals Mitt- bis Endzwanziger).
Die Lage am Talende unterhalb der Hänge zum Rohtang wunderbar. Ein schönes Gebirgserlebnis. Die Höhenübernachtung über 2.000 m erwies sich bei der späteren Akklimatisierung als sehr günstig.
Hinweise zum Rohtang La
Straße, Landschaft:
Der Aufstieg von Palchan erfolgt auf schmaler 1,5-spuriger Fahrbahn in sehr gutem Zustand durch Wald und Grün. Landschaftlich sehr schön, jedoch keine Eisriesen wie aus dem Abenteuerfernsehen gewohnt.
mehrere gewaltige Serpentinenanlagen überwinden den Höhenunterschied im steil ansteigenden Gelände in angenehmer Fahrbahnsteigung. Die Straße ist in laufendem Ausbau. Streckenweise war im oberen Bereich 2013 2-Spurigkeit fertiggestellt (Gulaba-Loops)
Ebenso waren unterhalb Marhi umfangreiche Bauarbeiten im Gang. Bis Marhi ist die Straßenbeschaffenheit durchgehend sehr gut, mit engen 1-spurigen Stellen in der Serpeninenanlage unterhalb.
Oberhalb Marhi kommt der berüchtigte Schlammhang, der sich nicht endgültig befestigen läst und an dem hunderte Arbeiter laufend Nachbesserungen durchführen.
lange unbefestigte, provisorisch aufgeschüttete Passagen, offene Gewässerquerungen. Das Gewässer an der Schlüsselstelle Rani Nallah ist verrohrt.
Im oberen Bereich des Passes oberhalb Rani Nallah wurde eine sehr gute 2-spurige Fahrbahn hergestellt, der man eine adäquate Dauerhaftigkeit zutrauen darf.
Über die abweichende Beschaffenheit der Nordseite auf Rohtang La II.
Reisezeit, Wetter:
Die dargestellte Befahrung wurde kurz vor der offiziellen Schließung des NH 21 Anfang September 2013 durchgeführt. Der Monsun (Sommerregenzeit mit heftigen Regenfällen und dauerbewölktem Himmel) war schon weitgehend abgeklungen. Während der Anfahrt von Chandigarh gab es heftige Hitzetage mit durchweg heiterem Wetter. Im Hochbereich ab Manali überwogen hohe Wolken, aber der gefürchtete Dauerregen am Rohtang blieb aus. Die Straßenverhältnisse waren weitgehend trocken bis auf die Querungen der ungefassten Gebirgsbäche. Im Nordabstieg hochsommerliches, heißes Wetter. Passhöhe sonnig ohne Schnee. Kein Frost.
Den als Regen- Matsch- und Wetterloch gefürchteten Rohtangpass bei durchgehend guter Witterung mit dem Rad zu befahren gilt als Glücksfall.
Unbedingt vermeiden sollte man die Fahrt in offensichtlich schlechte Wetterbedingungen mit Schneestürmen, die hier auch im Monsun auftreten können. Es gibt im Hochbereich außer auf der Passhöhe so gut wie keine Unterstände.
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Kondition, Höhenanpassung:
Der Rohtangpass stellt ungeachtet der für europäische Verhältnisse beachtlichen Höhe keine höheren konditionellen Anforderungen als für Alpen-Pässe. Die Straßenführung der in den 80er Jahren neu angelegten Straße ist eher mäßig steigend, da die Motorleistungen indischer LKW nicht amerikanisch-europäischem Niveau entsprechen.
Sehr günstig wirkt sich eine Selbstanfahrt über das Vorgebirge aus. Dagegen ist vom Transfer mit dem Taxi vom Flughafen Delhi nach Manali oder gar vom Direktflug auf den Höhenflugplatz Bhuntar bei Kullu abzuraten. So ist das Scheitern im sauerstoffkritischen Hochbereich im weiteren Verlauf des Manali-Leh-Highway bereits angelegt.
Durch das Training in den durchaus steigungsreichen und teilweise auch heißen Vorbergen gewöhnt sich der Metabolismus an die Belastung und kann den Sauerstoffentzug in der Höhe besser kompensieren.
Zur Vermeidung von meist zeitverzögert auftretenden, teils eine Weiterfahrt verunmöglichenden Höhensymptomen (AMS) ist eine Höhenakklimatisierung nach medizinischer Vorschrift ist durchzuführen, insbesondere wenn der NH 21 bis Leh durchgefahren werden soll.
Medizinisch angeraten werden über 3000 m Höhe für Sportler Maximalaufstiege von ca 500 m pro Tag mit Abstieg und maximalem Höhengewinn von 300 m pro Übernachtung. In der Praxis ist das für einen Radfahrer kaum durchführbar. Es ergibt aber, daß es gesundheitlich/konditionell ungünstig ist, den Rohtangpass von Talort zu Talort mit 2000 Höhenmetern Differenz in einer Strecke zu fahren. Üblicherweise scheitert dies schon am Verkehr oder am Wetter.
Günstig ist wie oben beschrieben den Startpunkt in Solang oberhalb von Manali auf ca. 2.300 m Höhe zu wählen.
Auffahrt über 1000 Höhenmeter nach Marhi (3360 m) und dort Übernachtung im eigenen Zelt oder im PWC-Resthouse (Möglichkeit muss vor Ort erfragt werden). Die Dhaba-Hütten waren 2013 komplett aufgelassen wegen einer polizeilichen Schließungsverfügung für den gesamten touristischen Teil der Siedlung.
Am 2. Tag Passüberquerung (3978 m) und Abstieg nach Khoksar (3140 m). Übernachung dort (oft ausgebucht) oder in Sissu (ca. 3060 m).
Weitere Höhenanpassung (Ruhetage) in Keylong (3080 m) oder Jispa (3200 m) zur Weiterfahrt nach Ladakh unbedingt empfohlen.
Material:
Zum Einsatz kam ein einfaches Tourenrad aus dem Fachhandel mit 3x7-Gang MTB-Schaltung. Die Maximal-Untersetzung beträgt 22:32. Es war zum Zeitpunkt der Passbefahrung schon über 80 tkm gelaufen. Da noch weitere, eher kalte Höhenregionen besucht werden sollten, war eine Beladung des Velos mit ca. 35 kg Gepäck und Proviant nötig, darunter 2 Schlafsäcke und ein höhentaugliches Zelt (für Rohtangpass selbst nicht nötig!!).
Rollen: Tauglich sind MTB-Reifen nach Wahl oder für Tourenräder 29er Reifen in einer Breite, die im Rahmen unterzubringen ist. Weniger wegen der Traktion als zur Dämpfung. Mit handelsüblichen Treckingreifen ist bereits am Nordhang des Rohtang kein Durchkommen mehr, geschweige denn mit Rennrad, was ich auch beobachten konnte. Auch für den Anfahrtsweg ist starke Bereifung wegen der Dämpfung sehr zu empfehlen. Die Belagsqualität ist mangelhaft.
Wegen unabdingbarer Geröllpassagen am Nordhang muss festes hohes Schuhwerk benutzt werden, Radschuhe sind zu leicht. Bei schlechten Wetterbedingungen sollte der Einsatz von Gummistiefeln erwogen werden, die man in Manali erwerben kann. Es kann sehr tief schlammig werden (Südhang).
Wind- oder Sonnenbrille sowie starker Sonnenschutz unbedingt nötig.
Unterkunft, Verpflegung:
Wie geschildert, ist eine Zeltnutzung nicht nötig, aber möglich. Bewirtschaftete Zeltplätze sind nicht vorhanden. Aufgrund der Weidewirtschaft sind günstige Plätze oft verkotet. Der Hochbereich des Passes ist beidseitig gerölllawinengefährdet. Man kann sich an der Lage der Zeltunterkünfte der Straßenarbeiter orientieren. Auf der Passhöhe sollte man als Neuankömmling nicht kampieren, es sei denn, man hat schon eine komplette andauernde Höhenanpassung bis 4000 m durch eine entsprechende Vortour durchlaufen (z.B. aus Richtung Srinagar/Leh).
Dagegen gibt es neben Manali (nicht empfohlen) mehrere Unterkünfte in Palchan, Solang, 1 PWD-Resthouse in Marhi (kann vor Ort angefragt werden), Unterkünfte und PWD-Resthouse in Khoksar (oft ausgebucht), ausreichend Hotels in Sissu. Nächste Stadt mit großer Hotelauswahl: Keylong. Keylong wird von Marhi (Höhenort vor Rohtang Top) selbst bei äußerst sportlicher Fahrweise kaum erreicht, da erhebliche Steigungen und schlechte unbefestigte Wegstrecken zu bewältigen sind.
Das PWD-Resthouse Marhi wurde bei meiner Ankunft von einem Schlepper bewirtschaftet, der Übernachtungsfälle aus der geschlossenen Siedlung auflas. Der angebotene Preis war horrend (2.500 Rp), das Wasser abgeschaltet (Eimerwasser). Dennoch war die Übernachtung mit Erholungsnachmittag in dem schön eingerichteten rustikalen Haus, vorrangig für den öffentlichen Dienst, angenehm.
Verpflegung:
Getränk bzw. bottled water kann an der Strecke in jeweils günstigen Entfernungen nachgekauft werden. Vorrat von 1,5 l mindestens dennoch anzuraten. Leitungs-, Brunnen- oder gar Oberflächenwasser muß auch im Hochbereich mit Micropur aufbereitet werden. Verseuchung durch Einzeller und Viren möglich.
Proviantieren in Manali. Die Verpflegungsauswahl an den Stationen Marhi (geschlossen bis auf einen temporären Verkaufsstand 2013) und Rohtang Top ist marginal und sollte nur ergänzend in Anspruch genommen werden. Mehrere Läden und Dhabas (einfache Wirtschaften mit Kantinenessen) jeweils in Palchan und Khoksar an den Füßen des Passes.
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