Kilometertabelle:
Valsavarenche / Plan de la Pesse - Pont/Breuil - Albergo Savoia (Piano del Nivolet) ca. 15 km
Die Strecke ist nur einfach angegeben, obwohl sie zu Fuß z.T. bis zu 5 mal zurückgelegt werden musste.
Wegeverbindung Valsavarenche - Nivolet
Charakteristisch für den Parco Nazionale Gran Paradiso ist dessen Erschließung durch Stichtäler: von Norden aus dem Aostatal, für Besucher aus dem übrigen Italien also nur 'um die Ecke erreichbar', von Süden aus Richtung Chivasso / Cuorgnè über das Valle dell'Orco nach dem Nivolet, das denn auch viel mehr touristisch frequentiert und erschlossen ist.
Zwischen Norden und Süden gibt es keine Straßenverbindung.
Mit Absicht, damit das empfindliche Naturreservat vor Durchgangsverkehr und Strömen von motorisierten Touristen bewahrt wird.
Als in der Ducezeit die Wasserkraft in den Alpen nochmals stark ausgebaut wurde, wurde im Rahmen des Stausee-Baus im Orco-Tal der Saumweg über den Nivolet-Pass ins Valsavarenche teilweise als Kraftfahrstraße ausgebaut.
Die Straße aus den frühen 30er Jahren wurde zwar in der Folgezeit noch über die Ebene des Nivolet hinaus verlängert und bis auf den Belag komplett bis zum Geländesprung vor Pont ausgeführt. Die Verbindung zu dem bei Pont in den Hang nach Norden abzweigenden Gegenstück wurde jedoch aus den oben aufgeführten Naturschutzgründen nicht fertiggestellt. Die Folge: im Valsavarenche bleiben wir von röhrenden Motorradlern fast völlig verschont.
Die Beschau des nördlichen Straßentorsos in der vorigen Etappe förderte bereits zutage, daß an ein Durchkommen zwischen den beiden Straßenenden im Felsgelände garkeinesfalls zu denken ist, selbst wenn die jeweiligen Stichenden bis zur bitteren Neige (schiebend) zu befahren wären.
Der Höhenunterschied ist viel zu groß, selbst wenn in der Projektion einer Wanderkarte beide Straßenenden gar nicht so weit auseinander liegen.
Insoweit sind auch etliche ganz neue Straßenkarten falsch, die hier eine gesperrte durchgehende Fahrstraße zeigen. Es handelt sich dabei um die Planung aus der Kriegszeit.
Die einzige mit dem Rad nutzbare Verbindung zwischen Gran Paradiso Nord und Süd ist damit der zum Wanderweg markierte ausgebaute alte Saumweg zwischen Pont und der Passhöhe, der beim Albergo Savoia in die dort fahrbare Passstraße mündet.
Warum aber mit dem Rad hier fahren?
1. gibt es die Gegend her - unten mehr dazu
2. ist die Abfahrt der ausgebauten Passstraße nach Süden etliche Mühen wert und nach Meinung vieler Radführer ein großer Genuß - eine wirklich traumhafte hochalpine Szenerie mit allem, was uns im Gebirge anmacht.
Die vor dieser Ausfahrt nicht ganz beantwortete Frage, wie ein vollbeladenes Reiserad aus dem Valsavarenche die Nivolet-Ebene hochzuschaffen sei, wird uns hier beschäftigen.
Methode
Bereits bei der ersten Erkundung des Wanderwegs (Saumpfad) von Pont am Wasserfall der Dora di Nivolet auf die Nivoletebene erkannte ich, daß der Weg noch nicht einmal geschoben, und noch nicht einmal abgeladen geschoben werden kann.
Ich trug daher eine reichliche Hälfte meines Gepäcks (gesamt ca. 33 kg inkl. Proviant für den Tag inkl. Getränk) voraus auf die erste Geländestufe am Croce dell'Arolley.
Dort suchte ich mir ein Depot unter Felsen, damit bei plötzlichem Wetterwechsel und der Gefahr, daß die Besteigung bis zum nächsten Tag abgebrochen werden muß, nicht alles durchnäßt - trotz weitgehend wasserdichter Packstücke.
Dokumente, Kamera, einige Arzneien, eine Regenjacke und viel Kohle trug ich am Körper sodann wieder zu Tale.
Ein Teil meiner Packstücke ist mit eingebauten Schultergurten auf dem Rücken tragbar (Heck-Quertasche und Wanderrucksack), das erleichtert das Bergwandern mit Radtaschen.
Man beachte:
Das Bergaufwuchten von 25 kg Reisegepäck über 300 steile Höhenmeter kann anstrengend sein.
Frage zuvor deinen Arzt.
Nach glücklicher Wiederankunft am Velo, das ich am Parkplatz abgestellt hatte, schob ich es auf dem Pfad bergauf, mit einem Minderanteil Gepäck, gerade so viel, daß ich das Rad kürzere Strecken unterm Arm tragen konnte.
Im oberen Teil des Pfads, wo es steil und ausgesetzt ist, man beim Tragen womöglich ins Trudeln gerät, machte ich das Rad ganz von allen Anbauten frei und stellte es ab.
Sämtliche restlichen Gepäckstücke wurden nun erst ins Depot hinaufbefördert, bevor nach erneuter Umkehr nur mit dem Nötigsten (Kamera, Dokumente, Geld) das nun auf 17 Kilo abgemagerte Rad den gefährlicheren Teil des Wegs emporgewuchtet wurde.
Schweißtreibend bei guter Sommerwärme wars trotzdem.
Das völlige Abbauen des Velos, auch damit man nirgendwo hängenbleibt, kann ich nur jedem ans Herz legen.
Spätestens wenn der erste ungeduldige Bergradler mit seinem beladenen Gefährt umgekippt und an der Cascata 30 Meter runtergefallen ist, steht bei den vielen Verboten, die zu Beginn des Wegs auf den überall aufgestellten Warntafeln verkündet werden, noch ein [Divieto a bici] dabei, das ist sicher.
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Fahr-/Wanderzeiten, Schätzwerte
- Pont/Breuil (1980 m)- Croce dell'Arolley (2310 m)
28"-Trekking / MTB großes Gepäck | 5 h |
28"-Trekking / MTB kleines Gepäck | 3-4 h |
Rad ohne Gepäck | 1,5 h je nach Gewicht |
Liegerad - Tandem | nicht empfohlen |
- Pont/Breuil - Nivolet/Alberghi (Savoia 2532 m / Chivasso 2600 m)
28"-Trekking großes Gepäck | 9-10 h |
MTB großes Gepäck | 8-9 h |
28"-Trekking kleines Gepäck | 7-8 h |
MTB kleines Gepäck | 6-7 h |
Rad ohne Gepäck | 3-4 h je nach Gewicht und Typ |
Liegerad - Tandem | nicht empfohlen |
- Pont/Breuil - Colle del Nivolet (2612 m) - Ceresole Reale (1612 m)
Abfahrt zügig ohne viel Anhalten
MTB großes Gepäck | 10-12 h |
28"-Trekking kleines Gepäck | 9-10 h |
MTB kleines Gepäck | 8-9 h |
Rad ohne Gepäck | 5-6 h je nach Gewicht und Typ |
Liegerad - Tandem | empfohlen wird die Anfahrt von Süden - Abstieg nach Pont nur mit entsprechender Erfahrung beim Tragen |
Die Zeiten sind inklusive angemessenen Pausen gerechnet. Es kommt immer auch auf Kondition und Akklimatisierung an.
Die auf den Hinweisschildern vor Ort und auf Wanderführern angebenen Wanderzeiten sind für einen Radtransport nicht zu schaffen, nur evtl. per unbeladenem MTB
Es gibt Mountainbiker, die den Nivolet von Süden her als 1-Tages-Runde durchs Aostatal fahren. Das ist aber hier nicht der Maßstab.
Andere werden es gar nicht schaffen :(
Piano del Nivolet
Haben wir nach vielen Mühen endlich das Croce dell'Arolley (Gipfelkreuz über dem Hang nach Pont) erreicht, kann das Velo wieder aufgebaut werden.
Allerdings hält das Glück über nunmehr in kompakter Konfiguration geschobener Rad-Meter nicht lange an, nach einigen 100 Metern kommt eine weitere Felsstufe, die ein komplettes Zerlegen und Tragen aller Einzelteile über eine längere Strecke nötig macht.
Dann geht es wieder ein Stück - die nächste Felsstufe ist in Sicht.
Über 5 solcher Rippen muss in mühevoller und stundenlanger Arbeit noch gekraucht werden, erst dann wird der Weg durchgehend flach schiebbar, bzw. mit 26" MTB oder unbeladenem 28"er teilweise fahrbar.
Die Tragepassage ist also für den Reiseradler am Croce nicht zuende, sondern dort gehts nochmal richtig zur Sache.
In der phantastischen Hochlandschaft der Nivoletebene macht das Tragen über die großen Felsplatten neben dem rauschenden Nivolet-Bach und seinen vielen Zuflüssen aber die reine Freude - unter einem unglaublichen Bergpanorama der umgebenden 3000er und Beinahe-4000er.
Man beachte die Bilder!
Die Tierwelt dort oben wird viel gerühmt für ihre Zahmheit - auf Schildern steht geschrieben, daß Anfassen und Verteilen von Haribo und Keksen an das Getier verboten sei.
Ich hatte neben zutraulichen Gemsen und Murmeltieren, die in der Wiese spielten, einen zahmen Fuchs, der sich zu mir gesellte und mir wie im Märchen einige Kilometer als Marschall voranging .
Ich schlug dann aber eine Richtung ein, die ihm nicht genehm war, nämlich in die Düsternis, so verließ er mich und erschreckte wieder Murmeltiere.
Während der gesamten Wanderung in der Nivolet-Ebene ist die Trasse der Passstraße über dem Plateau zu sehen, aber recht erreichen kann man sie nicht.
Da sie jedoch am Hang oberhalb des Plateaus verläuft, würden dem Radwanderer viele Schönheiten dieser einmaligen Landschaft entgehen, sollte er versuchen, über diese Straße vorwärts zu kommen.
Der Weg endet einige Meter vor den Hütten am Pass an der Straße.
Weil ich ihn mit Ladung nur schiebend bewältigen konnte, entschloß ich mich bei der Alpage del Nivolet, die dortige Serpentinen-Rampe auf die Straße zu nehmen.
Die Rampe ist im Gelände kaum zu finden und sehr grob geschottert, teilweise überwachsen.
Aber schieben oder auch fahren mit MTB ist möglich.
So stand ich nach 9-stündiger Schufterei endlich wieder auf (wenn auch schlecht) fahrbarem Weg.
Dieser gesperrte Teil der Straße ist mittel geschottert und ziemlich löchrig, jedoch frei von groben Hindernissen.
Nach 2 Kilometern fängt an einer Sperre der freigegebene, befestigte Teil der Nivolet-Passstraße an.
Insgesamt fast 10 Stunden intensiver Arbeit waren also nötig, um von Pont in die Nähe des Nivolet-Passes zu kommen, wo der Radler in einer der beiden Hütten unterkommen kann.
Die Kapazitäten dort sind während der Saison wohl ausgeschöpft, weil die beiden Rifugi als Ausgangslager für Bergwandergruppen gut belegt sind, ein Anklopfen ist es aber wert.
Eine italienische Hüttenübernachtung ist teuer (40 - 50 € als Einzel, auch für Massenlager) - geboten wird reichliche Halbpension (Essen ohne Convenience), teure Alkoholika und sehr wenig Wasser zum Waschen - eigentlich kaum welches.
Auch eine Heizung besaß mein Sommerlager nicht - es war kalt.
Die Nivolet-Ebene böte sich natürlich auch hervorragend zum Zelten an, aber im Nationalpark ist das verboten, bei Entdeckung darf man mit ordentlichen, sofort zahlbaren Bußen rechnen.
Ein Notbiwak bei Wetterumschwung unter einem der vielen breiten Felsüberhänge im nördlichen Teil des Tals sollte jedoch möglich sein.
So kann man auch ein Sommergewitter überstehen.
Aber für die Überquerung des Piano del Nivolet von Pont aus empfehlen wir:
Stabiles Wetter !
Bei tiefen Wolken oder Regen entgeht euch alles.
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