Kilometertabelle:
Rhêmes-Saint-Georges - Valsavarenche - Pont/Breuil 32 km
Schreibweise geografischer Namen:
In der Provinz Aosta existieren für die meisten Orts- und geografischen Namen 3 Diktionen:
italienisch, französich, franko-provenzalisch.
Diese werden hier ohne Anspruch auf Korrektheit je nach den verwendeten geografischen Quellen willkürlich gemischt verwendet.
Oft finden sich in den Quellen auch verschiedene Benennungen in ein und derselben Sprachvariante. So ist es da.
Val di Rhêmes - Valsavarenche
Von den Vortagen noch etwas mitgenommen, durch Erledigungen in Aosta sowie durch schlechtes Wetter gebremst, wählte ich den im Nachbartal meines Ziels am Zugang zum Nationalpark Gran Paradiso gelegenen Zeltplatz in Rhêmes-Saint-Georges zum Nachtlager.
Das ähnlich wie das Valsavarenche strukturierte enge Hochtal Val di Rhêmes ist auf einer kleinen erfreulichen Straße mithin eine eigene Fahrt wert.
Vom höher gelegenen Hauptort Rhêmes-Notre-Dame und auch im Talverlauf gibt es zahlreiche Möglichkeiten zu Bergwanderungen bzw. Hochtouren in wenig belaufener hochalpiner Landschaft.
Lage, Ausstattung und Leitung des Zeltplatzes inmitten eher karger touristischer Infrastruktur sind sehr gut.
Allerdings ist er auch gut belegt von der Wohnwagenfamilie über Mountainbiker bis zu Expeditionsgruppen, die vor allem kommen, um ihr zusammengekauftes Equipment auszustellen.
Vorsicht - der Platz dürfte in den französisch-italienischen Sommerferien voll belegt sein.
Verständigen kann man sich wie in allen vom Aostatal abzweigenden Tälern des Gran-Paradiso-Nationalparks außer in Italienisch auf Französisch, das gut verstanden wird (in den von Süden abzweigenden Tälern nur wenig!).
Aufgrund der Nähe zu Frankreich ist man an touristischen Punkten des Parks hauptsächlich auf französische Kundschaft eingestellt, die auch das Gros der ausländischen Parkbesucher bildet.
Um von einem Tal ins andere zu kommen, muß man mit dem Rad bis zur untersten Talstufe bei Introd abfahren, wo ich mich an einer Wanderweg-Verbindung übte, um Höhe zu halten.
Die Straße ins Valsavarenche ist ähnlich verkehrsarm wie die ins Val di Rhêmes, ihr dürft euch ausbreiten ohne von Töff-Piloten oder der italienischen Landjugend platt gemacht zu werden.
Die immerhin 900 hm überwindende Steigung spielt sich hauptsächlich im Wald ohne Aussicht ab.
Die Orte sind ganz winzige Flecken ohne Möglichkeiten für den Reisenden. Man tut gut daran, sich das Wesentliche aus dem Aostatal mitzubringen. Auch im Hauptort gibt es nur winzige Läden mit beschränkten Zeiten.
Im Tal gibt es mehrere Zeltplätze, an den Hauptpunkten Hotels, aber kaum erreichbare Privatzimmer, am Endpunkt in Pont beispielsweise gar keine!
Empfohlen sei, die Gegend aufgrund der bewußt beschränkten Kapazitäten im August (italienische Sommerferien) zu meiden bzw. vorzureservieren.
Da ich gut begründete Befürchtungen bezüglich der Nachttemperaturen hatte, zeltete ich am zweithöchst gelegenen Platz 'Gran Paradiso' auf 1807 m.
Es war arschkalt. Und auch die warme Dusche in ungeheizter Baracke unterlag einer Betriebszeiten-Beschränkung. Schließlich schneite es auch zeitweise bis ca. 2000 m tief.
Den Platz kann man aber Radlern, die weiter wollen, nur bedingt empfehlen:
Er ist zwar wie alle Campings im Gran Paradiso recht preisgünstig und verfügt, ganz wichtig, über ein schmales Lebensmittelangebot in der zugehörigen Wirtschaft, aber die Versorgungs- und Geselligkeitslage auf dem höchstgelegenen Zeltplatz in Pont (Breuil) am Ende der Fahrbahnen ist bei weitem besser, indem es dort einen richtigen Laden mit Bergsteigernahrung gibt (Wildschweinwurst, Nudeln und Fertigsoße, Nutella-Variationen), außerdem gehen von dort aus viele weiterführenden Wege los.
Das gesamte Gran-Paradiso-Bergsteigervolk, sofern es sich nicht gleich auf die Hütten fliegen läßt, stellt sich hier zum Schaulaufen auf, entsprechend gibt es auch mehrere Wirtschaften.
Zudem hat man eine anheimelnde Aussicht aufs Gebirge, in den tieferen Lagen ist in dem engen Tal dagegen gar nix zu sehen.
Der Fernradfahrer rücke aber mit Thermoausrüstung zum Übernachten an, denn auf 1980 m kann es auch im Sommer recht kalt sein, und man bedenke, daß die automobile Konkurrenz der Bergsteiger mit ihrem Biwak-Equipment locker durch eisige Nächte kommt, wo der leicht gerüstete Radler bitter friert.
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Zu Fuß im Gran Paradiso
Wenn er schon mal eine so exponierte und relativ gut erschlossene Gegend betritt, sollte auch der Radfahrer die Chance ergreifen, sich in der fußläufigen Erkundung der anheischigen Berge zu erproben.
Das Valsavarenche erschließt immerhin den namengebenden Hauptgipfel des Nationalparks nebst zugehörender Gipfelgruppe, den zweithöchsten Gipfel, die Grivola (3996 m) sowie zahlreiche weitere Berg- und Gletscherhöhepunkte auf markierten Pfaden unterschiedlichen Schwierigkeitsgrads, d.h. auch für den nicht klettergeeigneten Bergwanderer gibt es was. Aber wer Gletscherschuhe mit Steigeisen, Seil und Pickel auf dem Radel in die Alpen schleppen will, dem sind kaum Grenzen gesetzt:
Der Gran-Paradiso-Hauptgipfel ist ein leichter 4000er, der mit nur wenig Klettern auf einem Gletscheraufstieg, einer Hochtouren-Autobahn mit viel Verkehr, erreicht werden kann (nur mit Eis-Ausrüstung und Bergerfahrung!)
Auf den für italienische Verhältnisse gut markierten Wegen kommt man aber mit leichter Bergausrüstung in alle Richtungen bis zur Schneegrenze, auf den als Kletterspuren gekennzeichneten Wegen jedoch nur mit entsprechender Erfahrung.
Die Anschaffung einer lokalen Wanderkarte vor Ort (Zeltplatz, Minimarket) ist dabei unbedingte Voraussetzung, im Gelände heil anzukommen.
Vielleicht könnt ihr euch auf dem Zeltplatz einer Gruppe anschließen, soweit ihr Gurt, Sicherung und akzeptable Bergschuhe mitführt (Touren über 3000 m).
Aber auch dem alleingehenden Bergwanderer ohne Kletterambition bieten die zahlreichen markierten Wege beste Möglichkeiten, die fantastische Hochgebirgslandschaft mit viel Getier und seltenem Gewächs zu erleben, entweder in der Einsamkeit oder auf den Laufstegen zu den Hütten und anderen Hotspots des Parks, etwa auf das Nivolet-Plateau, das wir ja noch per Rad bezwingen wollen.
Ich selbst ergriff mein Glück auf Turnschuhen (Wanderstiefel: viel zu schwer im Gepäck), sowie Hüftgurt (leicht), Klettersteig-Y (beides nicht benötigt), frostfester Ergänzungskleidung inkl. Thermowäsche im Gepäck in Richtung Gran-Paradiso-Nebengipfel auf die Chabod-Hütte (Rifugio Frederico Chabod 2750 m) während eines Fahrpausentags, der mir vor allem auch Aufschluß geben sollte, inwieweit ich mit dem stark beladenen Rad auf das Nivolet hinaufkomme und wie lange es dauern würde.
Bereits am Anreisetag probierte ich den Saumpfad von Pont auf das Piano del Nivolet zu Fuß aus, brach aber im oberen Teil wegen Regens ab, der aus diesem Weg schnell eine widerliche und auch gefährliche Rutschbahn macht.
Nun wollte ich mir Aufstieg auf Nivolet und Verlauf des toten Endes der nicht fertig gestellten Passstraße (siehe nächste Etappe) von der gegenüberliegenden Seite, dem Hang der Gran-Paradiso-Gruppe ansehen.
Der Weg vom Talgrund auf das knapp 1000 m höher gelegene Rifugio Chabod geht vom nicht zu übersehenden Parkplatz der Hütte an der Talstraße über eng gestaffelte Serpentinen durch den Bergwald, um sich nach der Baumgrenze zu weiten und in größeren Aufschwüngen zu steigen.
Hier kann man übrigens noch nichtmal mit dem unbeladenen MTB fahren - reines Wanderterrain, und Downhill ist bei dieser vielbegangenen Strecke bestimmt nicht gern gesehen (man müsste das Rad auch mit Hubschrauber hinaufschaffen).
Vom Aufstieg aus hat man besten Überblick auf die Geländestufe zur Nivolet-Ebene am Wasserfall der Dora del Nivolet, sowie ein bei entsprechender Sicht erstklassiges Bergpanorama des Kamms zwischen Val die Rhêmes und Valsavarenche.
Von der Chabod-Hütte aus kann man weiterwandern zur benachbarten Vittorio-Emanuele-II-Hütte, eine vielbegangene Bergautobahn.
Obwohl sie an einigen Stellen etwas ausgesetzt ist, benötigt man dafür außer griffigen Schuhen und warmer Reservekleidung keine weitere Ausrüstung. Man sieht die Konkurrenz allerdings in gigantischer Aufmachung mit kiloweise zusammengekauftem Bergkram keuchend einherstöckeln.
Für das höhergelegene Gelände ist zum Klettern oder ab Schneegrenze aber Ausrüstung nötig!
Mein Weg führte mich von der Masse der teilweise per Hubschrauber in die Hütte einfliegenden wahren Mountaineers fort in einsamere, da ein Stück vom Hauptgipfel wegführende Gegenden.
Leider kam ich wegen heftigen, unerwarteten Schneefalls in einem hohen Blockfeld bei der Punta Money (3273 m) dann auch nicht mehr weiter und flüchtete (ungestöckelt) zu Tal.
Ein ganztägiger Ausflug übrigens trotz wenig bummelanten Tempos.
Der interessante Link: Parco Nazionale Gran Paradiso
Karten Gran Paradiso
Zum Überblick benutzte ich die bereits im vorigen Kapitel vorgestellte detailreiche und überall erhältliche Generalkarte Extra Italien No. 1 'Piemont - Aostatal' im Maßstab 1 : 200.000
Im Valsavarenche erwarb ich in einem Kleinstladen (Zeltplatz) eine lokale Wanderkarte, nämlich die italienische IGC Carta dei Sentieri No. 102 M 1 : 25.000
Der lokale Erwerb einer Wanderkarte ist hier unbedingt zu empfehlen, auch für GPS-Künstler, da die Straße auf jeden Fall verlassen werden muss.
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