Kilometertabelle:
Elvas - Estremoz - Arraiolos - Montemor-o-Novo - Vendas-Novas (Cabrela) - Marateca- Gâmbia (Rio Sado) 174 km
Gâmbia - Setúbal - Serra da Arrábida - Aldeia Rica - Lagoa de Albufeira - Aldeia do Meco (Praia das Bicas) 74 km
2 Pausentage Praia do Meco / Praia das Bicas 18 km
Aldeia do Meco - Fernão Ferro - Seixal (Fähre) - Lisboa 29 km
Total 3.105 km
Elvas
Der Übergang Spanien / Portugal ist deutlich an Straßenqualität, wieder anziehender Verkehrsdynamik (in den Folgentage zahlreiche Havarien und Beinahe-Unfälle erlebt) und an den Elendsquartieren im äußeren urbanen Ring zu bemerken.
In der Estação de Elvas (Bahnhofsviertel) quält sich unendlich quietschend eine riesige alte zerfallende Diesellok den Berg rauf - das Rangiergelände ist mitten im Dorf und geht über Straße.
Das eigentliche Elvaz ist eine wunderschön herausgeputzte Festungsstadt der alten Zeit auf einem steilen Hügelchen. Kein Firlefanz, wenige Touristen. Allerdings auch wenige Herbergen. Ich mietete mich im Palästchen São João de Deus ein, welches komplett jeder Modernität entbehrt, und über salonartige, mit barockisierendem Vorkriegsmobiliar ausstaffierte Zimmer verfügt, die über ein dunkles Prachtstiegenhaus erreichbar sind. Prompt fiel bei meinem Bezug der Strom im Zimmer aus, als ich das Licht im Bad einschaltete. Mit kundigem elektrischen Finger brachte ich wieder etwas Spannung auf den Boiler.
Dennoch ein schönes Haus mit herrlichem Gartenhof an der Festungsmauer. Nacht 50,- EUR in großem Zimmer zum Garten in der Bel Etage.
Beeindruckend darüberhinaus das riesige Aquädukt aus dem 16. Jhd.
Alentejo
Auf der portugesischen N4 nach Westen aus der Stadt. Die Nationalstraße ist ähnlich ausgebaut wie die spanischen Pendants. Parallel dazu die Autobahn. Dennoch starker, auch schneller als gewohnter Verkehr auf dieser wichtigen Achse nach Lissabon, der nicht nachlassen sollte. Sicheres Radfahren auf Kombispur oder befahrbarem Bankett.
Meine diversen, oft dem Gegenwind geschuldeten Verspätungen und den Pausentag am Mittelmeer (Frankreich) habe ich mittlerweile durch Streckenbegradigungen wieder herausgefahren.
Nun soll es noch für 2 Strandtage bei Setúbal reichen. Dazu muss Portugal an einem Tag per Fahrrad durchquert werden und so, wie es sich hier anlässt scheint es zu klappen!
Schweren Herzens strich ich auch den Schlenker nach Évora (mit Besichtigung 1 zusätzlicher Tag). Ihr solltet Évora keinesfalls auslassen, wenn ihr hier unterwegs seid. Radelt vorher schon schneller. Die N4 ist zwar hügelig, aber es ist doch flacher als in den spanischen Gebirgen. Lange Abfahrten können flott angegangen werden.
Bei Estremoz überraschen die Marmorbrüche an der Straße, die man nicht sofort als solche erkennt. Es ist fast durchgehend schattenlos außerhalb der Ortschaften. Dennoch weiß die Landschaft zu gefallen.
An der großen Bundesstraße gibt es in regelmäßigen Abständen raststättenartige Wirtschaften, wo man durchgehend was bekommt. Das ist besser als in Spanien.
Bald war ich in Montemor-o-Novo und verfiel auf den Gedanken, kurz darauf von der Nationalstraße abzubiegen ein bissel ins Authentische. Ich nahm die sehr schöne und auch gut fahrbare Landstraße nach Cabrela, wunderbar in recht flachen Hügeln gelegen. Dann allerdings musste ich auf eine Kleinststraße ins Tal des Ribera de Marateca überwechseln, die sich als Rüttelflickenpiste erwies (wie viele portugesische Nebenstrecken) und mich erheblich ausbremste. Dummerweise stellte sich das romantische Flusstal als Stätte der Schwemmäckerwirtschaft heraus mit Quadrillionen von Mücken, denen ich kaum davonfahren konnte. Und es war schon Abend!
Irgendwie schaffte ich es dann doch und fand mich bald auf der N10 nach Setúbal wieder. Leider erwischte ich in der folgenden Dämmerung keinen der sonst alle 20 - 30 km an der Ost-West-Achse platzierten Rasthöfe mit Hostal mehr. So bewegte ich mich im Dunkeln Richtung Setúbal in der Hoffnung auf ein beleuchtetes Hotel. Fand dann aber zu meiner Überraschung den in der Gemeinde Gāmbia in der Nähe des Rio Sado gelegenen Campingplatz. Zum Zelten ist der große Platz nicht gerade ideal, da die Zelte auf einer Fläche mit Kiesschüttung aufgebaut werden sollen, aber bis 22.00 Uhr ist jemand an der Rezeption. Billig.
Jedenfalls war die Durchquerung des Landes an einem langen Tag (fast) gelungen.
Setúbal - Serra da Arrábida
Die Stadt ist recht angenehm, wenn man den dynamischen Verkehr mal außer acht läßt. Innenstadt ist ohnehin fußläufig. Hier wird mit dem Estuário do Sado (Lagune des Flusses Sado) der Atlantik erreicht.
Zahlreiche Versorgungsmöglichkeiten. Für Markenprodukte des Bedarfs zahlt man deutlich mehr als in Deutschland. Portugiesische Produkte, auch solche mit deutscher Marke, sind oft geringwertiger als das in der Heimat erhältliche Pendant.
Nichtsdestotrotz können technische Konsumprodukte recht günstig sein, was der geringen Kaufkraft geschuldet ist.
Aus Setúbal heraus ins angrenzende Gebirge Serra da Arrábida und hinüber auf die andere Seite der Halbinsel von Setúbal. Beim Übergang nach Aldeia Rica ist erstmals das Endziel Lissabon am Ufer der Tejo-Lagune zu sehen. Der Verkehr auf der entsprechenden Hauptstraße ist heftig, vor mir ereignen sich abenteuerliche Vollbremsungen und der Weg ist auch reichlich von Glas-Seen gesäumt. Vor der Fahrkunst der einheimischen Kraftfahrer sollte man sich unbedingt in Acht nehmen. Auf den meisten Straßen gibt es auch keine Kombispur (war tags zuvor ein Luxus) und auch kein nutzbares Bankett. Überholt wird mit vollem Schub Zentimeter neben dem Außenspiegel.
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Praia do Meco / Praia das Bicas
Auf Durchgangsstraßen erreiche ich über Fernão Ferro und Lagoa de Albufeira den Touristenort Aldeia do Meco am gleichnamigen Strand.
Hier werde ich meine beiden Strandtage verbringen. Ist zwar nicht Algarve, wird aber als schönster Nacktbadestrand Portugals sehr gelobt. Und zwar völlig zurecht. Die von Klippen gesäumten Strände sind riesig und wegen der erforderlichen Kletterei kaum belegt, man hat kilometerlange Einsamkeit für sich.
Für unsere Sittsamen bietet Meco am flach zugänglichen Nordende des Strands auch wohlorganisiertes Textilbadevergnügen, dazu bietet der ebenfalls bewirtschaftete Praia das Bicas südlich Meco junge Textilfreuden in der Menge auf vielen hundert Metern, mit Treppe erschlossen. An diesen Stellen sind jeweils auch Bars sowie je (Bicas / Meco) ein großer Zeltplatz.
Ich wählte den Campimeco bei Praia das Bicas. Die Anstalt war rappelvoll mit portugiesischen Kids, zwischen die ich gelotst wurde ohne Schatten. Auf meine Beschwerde eröffnete man mir die Möglichkeit, auf einem weitläufigen Waldgelände zu zelten, das anscheinend der Nomenklatura vorbehalten werden sollte.
An und für sich sehr preiswert, verteuerte sich mein Aufenthalt durch eine unverschämte Nachberechnung auf ein Niveau an der italienischen Adria zur Hochsaison. Insbesondere die Sicherheitslage hinsichtlich der mehreren hundert portugiesischen Jugendlichen fand ich äußerst bedenklich in punkto schnelle Diebstähle. Hierzu sollte man die örtliche Jugendarbeitslosenquote von über 50 % in Betracht ziehen sowie die allgemein niedrige Kaufkraft. Ich wäre gleich wieder rausgezogen, wenn ich nicht umgelegt worden wäre. Dazu Lärm rund um die Uhr und ein Schrottambiente. Die Möglichkeit eine abschließbare Hütte zu mieten, davon gab es mehrere dutzend, wurde mir verwehrt.
Im Wäldchen ließ es sich dagegen aushalten. Allerdings würde ich beim nächsten Mal bestimmt den Zeltplatz direkt in Aldeia do Meco beziehen.
Leider wurde aus dem beabsichtigten Strandtag nichts, da es Mitte Juni tagsüber kühl war und dauerregnete bzw. regenstürmte.
Am nächsten Tag war mir das Glück eines Sonnentags dann beschieden. Der Atlantik war allerdings noch sehr aufgewühlt, man konnte ihn nur anschauen.
Aldei do Meco - Seixal
Die Strecke bewältigte ich in dichtem Verkehr. Radwege gibt es nicht. In Arrentela erreicht man den Tejo, an dessen Uferstraße nach Seixal (Fähre nach Lisboa) es entspannter zugeht.
Die Fähre (keine Kfz-Mitnahme) sieht zunächst so aus, als ob nur Fußgänger drauf dürfen. Aber der Fährschaffner kann auch Fahrräder reinlassen! Sie sind kostenfrei dabei.
Lissabon
Auf der anderen Seite des Estuário do Tejo (Tejo-Lagune) landet die Schnellfähre am Hauptbahnhof Cais do Sodré, ein Knotenpunkt von allerhand Verkehrsachsen. Ganz am Ende des Parcours Richtung Stadt kommt man in der wunderbar instandgesetzten Ankunftshalle aus den 20er Jahren durch (Eisenbahn) und hat damit eine Idee, über welche Stellung die Hauptstadt im sonst oft leicht abgegriffenen Land verfügt.
Die Innenstadt ist ein aufgeräumter Genuß, geflutet von zehntausenden Touristen. Die engen Straßen geben guten Schatten.
Ich bewegte mich nach Gusto langsam Richtung Norden, zunächst durch das ehemalige (und heute wieder im Gebrauch befindliche) Mohrenviertel an den Hängen zum Castello, dann auf der Magistrale Avenida Almeda Reis in die Neubaustadtteile aus der Zwischenkriegszeit.
Dort ankerte ich im Stadtteil Arroios / Alameda Dom Afonso in einer ansprechenden Herberge. Ich suchte ein akademisches Umfeld, da ich am nächsten Tag schnellstens einen Radkarton zum frühen Abflug auftreiben musste. Mehrere Radläden hatte ich bereits notiert - es war Sonntag.
Das Hotel war kommod und ich brachte schonmal meine Sachen aufs Zimmer. Als ich nach einer dreiviertel Stunde, länger als geplant, wieder herunter schaute, konnte ich mein abschlossenenes Fahrrad nicht mehr finden. Ich überlegte, an welcher Gedächtnislücke es liegen könnte, aber bald fand ich ein zerschnittenes Schloß und die gewissheit, keinen Radkarton mehr besorgen zu müssen.
Es war eine völlig ruhige, gepflegte Gegend gegenüber der TH.
R.I.P. altes Fahrrad. Ganz zum Schluß im Ziel war ich doch noch zu unvorsichtig geworden. Die Polizei erklärte mir telefonisch, das Einladen abgestellter Räder in unauffällig umherfahrende Lieferwagen sei dort das ganz und gar Übliche, ich solle mir keine Gedanken machen.
Machte ich auch nicht, trotz Komplettsanierung auf einen erstklassigen Stand hatte das fast hunderttausend Kilometer gelaufene Radl auch Unzulänglichkeiten und hier wohl seine Bestimmung gefunden. Es eignete sich mit einer schnellen Bergausstattung hervorragend für diese hügelige Stadt. Ob der Jungakademiker, der es für den Arbeitsweg kaufen würde, sich wohl vorstellen kann, daß es den Himalaya an der breitesten Stelle durchquert hat und es auf eine der höchsten befahrbaren Straßen der Welt hinauf geschafft hat?
Lissabon läßt sich ohnehin zu Fuß bestens erkunden, vorausgesetzt, das Wandern ist des Radlers Lust.
Dazu gibt es ein recht ansprechendes Metro-Netz.
Noch ein Wort zu den Preisen:
Das Logis war angesichts des Hauses mit 70 EUR inkl. gutes Frühstück angemessen. Angeschrieben war ein reichlich 3-stelliger Preis. Also handelt, wenn ihr hereinmarschiert. Es gibt auch einen Zeltplatz. Dieser wäre aufgrund des Abgangs sicherlich sehr preiswert gewesen.
Trotz des touristischen Auflaufs kann man in der Gastronomie ein komplettes Essen mit reichlichem Wein (geht ja ohne Fahrzeug) für 15 EUR bekommen, auch in der Kampfzone.
Die Nebentaxen wie öffentlicher Verkehr, Porto usw. sind ebenso bescheiden. Auch das Taxi zum Flugplatz innerhalb der Stadt war günstig.
Teurer als in D sind lediglich importierte Bedarfsartikel.
Anderntags verschenkte ich meinen Stuhl, den ich ohne Rad nicht mehr im Flugzeug nach Hause bringen konnte und verließ bei strahlendem Wetter Lissabon nicht ohne Wehmut Richtung Alpen. Eine gelungene Radtour.
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