Kilometertabelle:
Bogliasco - Rapallo - Chiavari - Riva (Sestri) 60,5 km
Riva (Sestri) - Val di Vara - La Spezia - Lerici 77,5 km
Lerici - Tellaro - Lerici, 2-3 mal 28 km
Ligurische Küste (Riviera di Levante):
Via Aurelia bis Sestri
Angesichts vorliegender Berichte und der wenig heimeligen Nationalstraßen-Nummer der Küstenstraße der Riviera, nämlich der SS 1, gab es zunächst die Befürchtung, auf derselben, die über weite Strecken mit der antiken Via Aurelia identisch ist, vom Verkehr plattgemacht zu werden.
Dem war nun aber überhaupt nicht so, denn es handelt sich bereits ab Genova um eine kleinräumige, 2-spurige Straße auf historischer Trasse, die jeden Schnellfahrer ausbremst. Der größte Teil ist auch stark geschwindkeitsbeschränkt - die Carabinieri sind dabei fleißig am kontrollieren.
Verkehrsaufkommen auf dieser langsamen Straße ist eher gering - kein Schwerverkehr!
Den und den Durchgangsverkehr nimmt die parallele Autostrada 1 auf.
Allerdings gibt es auch kaum mal, außer in Genova, eine Radspur. Der Radler ist immer mittendrin.
Der Autoverkehr springt jedoch höchst rücksichtsvoll mit dem Cyclisten um, man überholt mit weitem Abstand. Bereitwillig wird ganz abgebremst, wo das nicht sicher möglich ist.
Nein, es ist etwas anderes, was die Via Aurelia in diesem Abschnitt zum eher mühsam zu beackernden Feld macht:
Die Steigungen !
Bei der italienischen Riviera handelt es sich nämlich um eine Steilküste, an deren Hängen und dann noch zwischen Bergen hindurch sich die antike Via Aurelia schlängelt.
Nach sanftem Vorspiel in Nervi geht es schon Richtung Bogliasco und weiter nach Recco zur Sache.
Das Typische dabei: Es geht vom Meer auf die Hänge zwischen den Ortschaften rauf, wieder ganz runter zum Meer und wieder nach oben.
Immer im Blick:
Der Monte Portofino, über den wir auch irgendwie drüberwollen (oder besser
hintendran vorbei).
In Camogli dann kein Erbarm:
Ihr solltet gut gefrühstückt haben, um bei heißem Badewetter mit eurem Gepäck die Rampe nach Ruta / San Lorenzo zur Überquerung der Monte-Portofino-Halbinsel raufzufahren.
Da wird niemandem was geschenkt!
Das Meerespanorama dieser tollen Straße entschädigt aber für alles. Bei jedem Verschnaufer hält sie einen anderen, umwerfenden Ausblick vor und deshalb kommen wir zu dem Schluß, daß die Riviera-Küstenstraße ein höchst dankbares Radelrevier ist, man muß es sich lediglich zu verdienen wissen !
Nach genußreicher Abfahrt Richtung Santa Margherita enthüllt sich jedoch, daß die allerbesten, aber auch allersteilsten Plätze erst noch folgen.
Ich beschloß einen Abstecher nach Portofino, Edel-Seebad mit penibler Zugangsbeschränkung.
Tatsächlich wurde ich mit Rad schiebend nicht reingelassen. Ich hätte es vor den Toren der Stadt parken müssen, und das war mir doch zuviel der Mühe, und außerdem ist es vielleicht grade da nicht hundert pro ratsam, Rad und Gepäck auf Touristenparkplätzen abzustellen und wegzugehen, obwohl überall Streifen rumlaufen.
Sicherheit und Sauberkeit an der Riviera:
Also, da braucht niemand irgendein Bedenken zu haben, man kann sagen, die ganze Levante strengstens von Polizia und Carabinieri beäugt.
Wer traut sich da noch, irgendwas wegzuschmeißen oder im Halteverbot zu parken oder etwa rumzulärmen..
Alles tiptop sauber und aufgeräumt hinter jedem Mäuerchen, mit strenger Mülltrennung; kein Verkehrs- und Parkchaos; betrunkene Schwerenöter auf der Promenade: nirgendwo.
Sogar Fahrradabstellen ist vielerorts verboten, was gelegentliche Gesetzesübertritte erfordert.
Das Meer bestens rein und einladend, sogar an der Strandpromenade in Genova.
Durch starke, aber recht freundliche Polizeipräsenz dürfte man wohl auch vor kleinen Gaunereien einigermaßen sicher sein.
Wer also deutsche Ansprüche in punkto Ordnung und Reinlichkeit stellt, darf gewiss sein, daß die Italiener hier in ihrem Ehrgeiz gründlicher mit der Restauration einer ihrer schönsten Küsten zu Werke gingen, als alle Deutschen es könnten.
Wenn ihr dagegen angesichts eurer Ferienwochen gerne was nehmt am Strand, oder ihr wollt auf der schönen Kurvenstraße einfach mal eure Maschine im Grenzbereich ausfahren, würde ich euch empfehlen, noch ein Stückchen weiter zu ziehen ;)
Nach dem Abstecher Richtung Portofino folgte ich dann wieder der Via Aurelia - SS 1 über Rapallo Richtung Chiavari.
Die Anstiege nach Zoagli und Chiavari gehören zum Übelsten, was uns die Riviera in der Sommerhitze abverlangt, aber die Aussicht und die Straße sind einfach fantastisch - Glück und Verderben in Einem !
Wer es bis dahin nicht gemerkt hat:
Gegen die Riviera (nordöstlicher Teil) war unser Alpenhüpfer nur ein Vorspiel.
Bewähren am Berg mit bis zu 45 Kilo Gesamtgewicht müssen wir uns hier (Mittagstemperaturen 28-32 ° Ende August).
Nach weiterem Auf und Ab gelangen wir schließlich nach Sestri, wo der direkt an der Via Aurelia gelegene kostenfreie Strand nach einer Fahrtunterbrechung schreit, bevor wir weiter Richtung Cinque Terre vordringen.
Passo del Bracco - Val di Vara - Golfo di La Spezia
Leider erwies sich das weitere Vordringen Richtung Cinque Terre an diesem Tag als undurchführbar, da der einspurige Straßentunnel ab Riva nach Moneglia für Fahrräder definitiv GESPERRT ist, was ich nach längerem Anstehen im Stau vor dem Tunnel feststellen mußte.
Es ergibt sich daher keine andere Möglichkeit für den Radtouristen nach Cinque Terre hinein zu kommen, als erst auf den immerhin 600 Meter hohen Passo del Bracco raufzuackern, um dort wieder ganz runter zu rollen.
Nach Moneglia gibt es einen tiefer gelegenen Abzweig, jedoch konnte ich nicht eruieren, ob man den Küstentunnel von Moneglia nach Deiva Marina mit dem Rad benutzen darf. Ansonsten muß man auch dort wieder auf die hoch über dem Meer verlaufende Via Aurelia - SS 1 zurückklettern.
Am durch Ampelschaltung bidirektional freigegebenen Tunnel Richtung Cinque Terre (Moneglia) war übrigens die Hölle los.
Deshalb Stornierung unseres Tagesziels und Zelten auf dem Platz in Riva um 11 € !
|
Frisch erholt gehen wir dann anderntags die Bezwingung des Passo del Bracco auf der Via Aurelia im Hinterland der berühmten 'Cinque Terre' an.
Kein reines Vergnügen, denn die Strecke ist sehr, sehr steil.
Wir hangeln uns von Schatten zu Schatten, um den ersten Aufstieg in kleinsten Etappen zu schaffen.
Andererseits ist die schmale Straße nach wie vor herrlich gelegen und ohne Schwerverkehr, überhaupt ohne merklichen Verkehr.
Ich fahre ein kleines Rennen mit einer ausgezehrten Gestalt auf einem klapprigen Schrottrad.
In Müllsäcke eingewickeltes Gepäck sowie eine verbrannte Hautfarbe weisen darauf hin, daß es sich hierbei um einen Radreisenden handeln könnte!
In höchster Not wandte dieser sich viele Kilometer später bei La Spezia an mich, es war bis dorthin wirklich eine Schufterei, und dabei stellte sich heraus, daß der mit seiner Horrormühle in Schottland gestartet und auf dem Weg nach Rom war, ja ernstlich!
Zur Orientierung hatte er eine total abgegriffene Europa-Übersicht, so im Maßstab 1:10 Millionen dabei, auf der alle Käffer hier in der Gegend nicht recht eingetragen waren.
Da mußte ich mit beredterem Kartenwerk aushelfen, obwohl ich zu meiner Schande gestehen muß, daß meine Unterlagen auch nicht ganz nach Rom reichten.
Der arme Kerl, der auch schlecht ernährt war und zu wenig zum Trinken dabei hatte, weckte Mitleid, aber er hatte es ja selbst gewollt!
Der Weg nach Rom übrigens ist einfach (alle Wege führen dahin): Immer dieser Straße entlang, der Via Aurelia!
Ein Stückchen höher am Berg verläuft die Straße im und am Wald, das Fahren in dieser Mittelgebirgslandschaft ist an und für sich ganz angenehm.
Die Straße teilen wir uns nun nur noch mit ein paar Ciclisti (Radfahrer mit niedrigem Lenker und ohne Zuladung), welche hier an der Riviera immer präsent sind. Natürlich nicht mit unserem Streckenpensum!
Ein schon etwas ausgeglichener gereifter Radler, der mir in seinem knallbunten Gewand entgegenrollt, spricht angesichts meiner roten Gesichtsfarbe tröstende Worte, es sei gleich vorbei.
Wir glaubten es gerne, allein, jede Kehre brachte noch eine neue hervor und das Auge vermochte keinen rechten Endpunkt auszumachen.
Das Gebirge lichtete sich doch bald zu einem fantastischen Ausblick aufs Meer und auf Deiva Marina aus 600 Metern Höhe.
Da weiß man, wofür man geschafft hat.
Zum auf einem Felsenkamm gelegenen Paß geht es aber nochmal einige Meter weiter, und dann folgt der vergnügte Sturz in die Tiefe.
Der aber ist schneller vorbei als man ahnt, denn die Via Aurelia SS 1 zweigt bei Carrodano von der Hauptstraße Richtung La Spezia ab, und wenn man sich dem Wegweiser unterwirft, hat man sich schnell eine neue Berg- und Talbahn eingefangen, die erst in der nächsten größeren Ortschaft beendet ist.
Auf der Hauptstraße SS 566 nach Brugnato fährt man komfortabler nach unten. Der Verkehr hier oben ist dabei ein zu vernachlässigendes Kriterium.
Das nächste Ungemach der dann wieder auf der Hauptstraße doch mit maßvollem Straßenverkehr verlaufenden Via Aurelia ist der Anstieg bei Ricco del Golfo auf den Passo del Foce über La Spezia.
Ganz schön happig für den an diesem Tag schon gut beschäftigten Radfahrer.
Die Hauptstraße SS 1 / SS 566 - Via Aurelia von Sestri nach La Spezia wartet also mit einem Doppelpaß auf, den man sich nur auf einer alternativen Strecke im Val di Vara ersparen kann (siehe hierzu Etappe 8).
Vom Passo del Foce geht es steil runter nach La Spezia, einer der cooleren Orte auf dieser Tour (neben u.a. Livorno).
Dem Lebenshungrigen empfehle ich sehr ein gewisses Verweilen dort, was ich mir aufgrund meines engen Timetables jedoch versagte.
So eilte ich nach kurzer Inanspruchnahme der coolen städtischen Möglichkeiten La Spezias am Hafen entlang Richtung Lerici.
Die Stadt ist flott durchquerbar mit ein Stückchen Schieben, allerdings ist auf der Straße Richtung Lerici einiges los.
Lerici wird von der Via Aurelia aus durch einen Tunnel erreicht. Die Stadt ist dabei wieder autofreie Zone, die Einfahrt ist der Beschilderung nach für alle Fahrzeuge ohne Ausnahmeplakette untersagt, auch für Räder. Die Durchfahrts-Verbote sind ziemlich vehement wiederholt bis an den Hafen runter.
De facto bekam ich aber kein Problem mit dem Rad. An der Hafenpromendade kann man ja mal schieben.
In Lerici Zelten auf dem Platz in Maralunga, einem recht teuren Pflaster nur mit kostenpflichtigem Strandleben - dafür findet der Erlebnishungrige schnell Anschluß (nein, ich nicht - danke!)
15 € pro Nacht, ich musste einen Antrag stellen wegen kontigentierten Plätzen, und es war recht voll, obwohl dies ja die Nachsaison war.
Trotzdem blieb ich noch einen Tag, da die Gegend gefällt und erkundschaftet werden muß.
Außerdem benötigte der Athlet einen Ruhetag.
Lerici war gut besucht, aber nicht überfüllt. Also, ich kam überall durch und fand es ganz angenehm. Die Preise waren hinnehmbar - ich teste ja aber nicht immer die letzten Möglichkeiten, das Bare unter die Leute zu schmeißen.
Das Rad eignet sich ideal, um die weiteren Orte des 'Golfo di Poeti' oder einen der vielen kostenpflichtigen Strände zu erkunden, denn Richtung Monte Marcello hören die Straßen auf, und schon vorher ist der Verkehr auf der kleinen Uferstraße eine Katastrophe und erfordert vom Motorisierten Geduld.
Allerdings ist es von Fall zu Fall höllensteil. In Tellaro beispielsweise ist auch das Mitnehmen das Rads schiebend verboten und wers dennoch wagt, hat was zu tragen!
Zur Gesamtetappe soll hier noch unbedingt angemerkt werden, daß man sich für dieses Stück mit seiner dichten Folge an fantastischen Locations wesentlich mehr Zeit nehmen sollte, als ich das mit meinem straffen, durch unfreiwillige Pausen bereits reduzierten Zeitplan tat.
All die Plätze, an denen ich hier nur vorbeiflog sind wirklich weit mehr Aufmerksamkeit wert:
La Spezia, Portovenere, Palmeria, die ganze Cinque Terre, all die anderen Badeorte und schließlich auch Genova: Man kann hier noch soviel mehr sehen, grade auch mit dem Rad. Der touristische Andrang in der Nachsaison war fast überall mehr als akzeptabel.
Hierzu würde ich eine Gesamtreisedauer von 5 statt 4 Wochen vorschlagen.
Man dürfte auch guten Gewissens etwas längere Tage in der Sonne braten, wir haben uns ja wirklich angestrengt dafür!
Karten Riviera di Levante
Dieselbe wie in der vorigen Etappe:
'Generalkarte EXTRA No. 5', Italien - Ligurien
M 1 : 200.000 ,
deren Eigenschaften in der Etappe 2 (Surselva - Lago Maggiore) schon hinreichend gelobt wurden.
|