Kilometertabelle:
Mesocco (Valle Mesolcina) - Passo del San Bernardino - Splügen - Andeer - Thusis - Chur (Teilstrecke auf voriger Seite bebildert) 98 km
Passo del San Bernardino
Bei wieder erholtem Wetter sowie selbst gut restauriert startete ich in Mesocco zur Höhen-Etappe des San Bernardino.
Mesocco liegt in der ersten längeren Steigung der Straße und gleich oberhalb fangen die Serpentinen auf das Pian San Giacomo, nächsthöherer Talabsatz, an.
Die San-Bernardino-Straße fordert schon Einsatz, wenn man Gepäck da hinauf hieven will, doch in schön kleinen Schritten, immer so ein paar hundert Meter weit, geht es eigentlich sehr gut.
Empfohlen sei das vorherige radikale Beseitigen überflüssigen Ballasts.
Nach reduzierter Steigung auf dem Pian steigt die 200 Jahre alte Strada del San Bernardino (übrigens entgegen der Sage durchgehend glatt asphaltiert, nur in einigen Käffern steht noch etwas vom originalen Pflaster) durch Bergwald wieder einen ganz heftigen Hang, der stückchenweise absolviert wird (10 Minuten treten im 1., 5 Minuten schnaufen).
Die Aussicht ist meistens sehr schön, die Straße nahezu leer.
Ich wurde bloß von einem Haufen Kühen umgerannt, die sich in rasender Almabfahrt befanden. Ich floh ins Bankett.
Kurz vor San Bernardino Dorf eine kleine Berg- und Talfahrt, nichts dramatisches.
Es sei jedoch betont, daß die Auffahrt bis dahin schon in die Knochen geht. Nur haben wir uns die bereits bei der Riviera- und Elba-Befahrung so gestärkt, daß wir diesen Hopser auch noch hinkriegen.
Ich startete bei gutem Wetter (Mitte September) übrigens kurz behost in Sandalen, erst ab San Bernardino Dorf (ca. 1600 m) brauchte ich eine Überhose und Wollsocken.
Auch meine Handschuhe waren da oben nicht umsonst.
Das letzte Stück Paßstaße führt dann in anderen Welten über die alten mit Bruchstein abgemauerten Kehren durch eine Hochmattenlandschaft bis zum See auf der Höhe.
Hier treten auch die stärkeren Steigungen auf, die Schlußstrecke fahre ich so von Kehre zu Kehre, manchmal auch nur eine halbe Schleife. Dafür gibts davon diese vielen Fotos :-)
Insgesamt ließ ich mir von Mesocco bis zum Hospiz gut 4 Stunden Zeit, inklusive eines Wirtshaus-Aufenthalts in San Bernardino Dorf (das übrigens als Übernachtungsstation weniger taugt, denn es ist häßlich verbaut und die Preise als sogenannter Nobel-Wintersportort sind fantastisch).
Am Hospiz wurde der einsame Speditionsradler mißtrauisch von den dort ihre Paßbesteigung zelebrierenden Autotouristen beäugt (Beamte, Werkbeamte, Mediziner), was der eigenen Hochstimmung jedoch keinen Abbruch tat: glücklich wieder angekommen auf der Alpennordseite - fast zuhause!
Nach kurzer Rast und Umrüstung (trockenes Hemd) stürzt sich der Radalpinist in die Tiefe, bremst allerdings angesicht dieser vielen tollen Panoramen oft mal auf Null für ein kleines Bild.
Wo im Süden noch ganz nettes Wetter war, zieht einem dann direkt hier an der Wetterscheide ein böses Wolkengebräu in sich hinein, und ich mußte mal sehen, daß ich auch noch wohinkam, bevor ich wieder im Regen steckenbleiben würde.
Die Nordrampe des San Bernardino fällt kurz, doch recht steil durch einen Hochwald ins Hinterrheintal ab, von der Straße bietet sich ein hübscher Blick auf eine Spielzeuglandschaft von Quellfluß (der kanalisierte Hinterrhein), der dort wieder zutage tretenden Autobahn und allerhand Schweizer Militärtreiben, das auch durch diverse Kanonaden das schmale Hochgebirgstal ausfüllt.
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Hinterrheintal / Rheinwald
Wir durchfahren auf ganz schmaler Gasse das Dörfchen Hinterrhein, hier ist die alte San-Bernardino-Straße nur noch ein Fahrweg, der Verkehr vom Paß wird am Tunnelmund in die Schnellstraße geführt. Man muß etwas navigieren, um nicht auch da zu landen, nicht der Beschilderung Kantonsstraße 13 folgen.
Eine weitere Empfehlung: der Veloland-Signalisation (Route 6) auch nicht stur folgen, denn die führt euch wieder gnadenlos in die Sümpfe! Am besten immer der lokalen Signalisation von Dorf zu Dorf.
Nach Hinterrhein führt der Weg nur durch einen Zaun getrennt an der Autobahn (hier nur 2 spurig) entlang, man fühlt sich etwas unheimlich, wie ein Geisterfahrer.
Aber es ist schon richtig, da die Schnellstraße hier die alte Trasse erhalten hat, und der lokale Fahrweg als Nebenstreifen direkt obendran gesetzt wurde.
Sobald die Autobahn in den nächsten Tunnel einfährt, sind wir aber wieder ordentlich für uns selbst aufgeräumt, man pedaliert über Wiesen ohne irgendeinen Verkehr.
Nach hübschen Bergdörfern steigt die Straße, dann wieder als von der Autobahn herausgeführte Kantonsstraße 13, Richtung Roflaschlucht ab.
Eine schöne Einlage war die Ausleitung des auffahrenden Autobahnverkehrs auf ebendie alte San-Bernardino-Straße in der engen Roflaschlucht. Wegen Bauarbeiten, da dort eigentlich immer gebaut wird.
Die Zugmaschinen kamen in einer Kolonne und belegten beide Spuren der schmalen Straße. Radfahrer waren da nicht mehr vorgesehen.
Im Gegensatz zum Abrollen auf die Alpen-Südseite ist es hier übrigens nicht möglich, ohne zu treten bis zum Bodensee durchzufahren.
Bereits im oberen Hinterrheintal setzen die ersten Gegensteigungen ein, die sich dann bei den Schluchten, aber auch im unteren Talverlauf ganz schön auswachsen. Der schon beanspruchte Radler hat dadran noch zu beißen!
Schon ab der Via Mala, eine tatsächlich etwas gruselig zu befahrende Rheinschlucht, angereichert mit nicht minder gruseligen Straßentunnels, setzt mehr Verkehr ein, ab Thusis ist die Kantonsstraße 13 wieder eher eine Hauptstraße, doch sie ist dann breit genug, daß man nicht vom Verkehr umgefahren wird.
In der letzten Dämmerung erreichte ich Chur. Die knapp 100 km ab Mesocco sind eine Strecke, wenn man die Steigungen vernünftigerweise langsam angeht.
Möchte man die San-Bernardino-Straße mit Gepäck als Ganzes von Bellinzona nach Chur fahren, sollte man früh los und bei bester Form sein. Im September reicht dazu auch die Tageshelligkeit kaum mehr.
Übernachtung auf dem Zeltplatz in Chur (15 Franken) - es war sehr kalt trotz/wegen besten Wetters am nächsten Tag.
Auf den höher gelegenen Zeltplätzen an dieser Strecke ist es wohl im September zu kalt, wenn man nicht Hochalpinist wäre. Besser, man sucht sich ein um diese Saison preisgünstiges Zimmer.
Karten San Bernardino / Via Mala
San-Bernardino-Straße bis Hinterrhein wie vorhergehende Seite.
Dann folgte bei mir ein Karten-Loch bis Räzürns.
Dieses war mir aber weniger tragisch, da ich wußte, daß es eh immer gradaus geht.
Bei Räzürns/Bonaduz am Rheintal setzen wieder die Karten des bikeline-Führers Rheinroute Teil 1 ein, die soweit ganz brauchbar sind.
Solltet ihr andere Produkte bevorzugen, würde ich eher eine Radwanderkarte Graubünden vorschlagen als eine Straßenkarte, die letzteren sind i.d.R. zu grob, als daß sich das Gewicht rechtfertigen würde.
Im übrigen gibt auch das Veloland den 'Offiziellen Routenführer' für die Route 6 heraus, der jedoch alle Nachteile des auf Etappe 1 beschriebenen Kartenbuchs für die Route 2 derselben Reihe aufweist, und daneben nur für eine Teilstrecke benötigt wird.
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